Maniac verschiebt die Grenzen der Realität

Die Netflix-Eigenproduktion «Maniac» ist in mehreren Genres wie Fantasy, Krimi oder Drama unterwegs. Das klingt spannender, als es eigentlich ist.

Annie Landsberg (Emma Stone) und Owen Milgrim (Jonah Hill) sind die Protagonisten von «Maniac». - Netflix

Das Wichtigste in Kürze

  • In «Maniac» geht es um die Schuldbewältigung mithilfe einer ungewöhnlichen Therapie.
  • Die zehn Episoden der Mini-Serie sind seit dem 21. September 2018 auf Netflix verfügbar.

In der neuen Netflix-Serie «Maniac» verschmilzt die Wirklichkeit mit der Fiktion. Darin wird ein ernstes Grundthema behandelt: Der Umgang mit Schuldgefühlen und Depressionen. Die Mini-Serie entstammt den Köpfen von Cary Joji Fukunaga («Sin Nombre») und dem Schreiberling Patrick Somerville («The Leftovers»). Als Hauptdarsteller wurden Jonah Hill («Moneyball») und Emma Stone («Crazy, Stupid, Love») in mehreren Rollen besetzt.

«Maniac» basiert auf der gleichnamigen norwegischen Serie. Abgesehen von kleinen Details gibt es keine Gemeinsamkeiten. Fukunaga hat bei sämtlichen zehn Episoden Regie geführt. Genügend Serien-Erfahrung bringt der Schöpfer aus Staffel eins von «True Detective» mit.

Bewusstseinserweiternde Therapie

Im Mittelpunkt steht Owen Milgrim (Hill), der unter Wahnvorstellungen leidet und zudem als Schwarzes Schaf in seiner Familie angesehen wird. Annie Landsberg (Stone) hingegen hat an ihren Schuldgefühlen zu knabbern. Beide geraten durch unterschiedliche Beweggründe an das Labor des Neberdine-Konzerns. Zusammen mit weiteren Probanden soll ihre geistige Verfassung mithilfe einer Arzneimittel-Studie geheilt werden.

Dafür erhalten sie bewusstseinserweiternde Pillen. Die Kandidaten werden in Traumwelten katapultiert und stellen sich dort ihren Traumata. Merkwürdigerweise scheinen Owen und Annie miteinander verbunden zu sein. Die beiden schlüpfen in verschiedene Rollen wie Geheimagenten, Kriminelle oder Elfen. Dabei kreuzen sich stets ihre Wege.

Die Teilnehmer der Therapie werden an Maschinen angeschlossen. Damit soll das Gehirn zu Fantasien angeregt werden. - Netflix

Tristesse trifft auf Härte

Ungefähr drei Episoden dauert es, bis die Ausgangslage gänzlich etabliert ist. Vereinzelt blitzt etwas Humor auf. Beispielsweise dann, wenn Doktor James Mantleray (Justin Theroux, «Mulholland Drive») von seiner Assistentin Azumi Fujita (Sonoya Mizuno, «Ex Machina») überraschend um Hilfe gebeten wird. Nicht immer zünden die Witze, wie die vierte Episode «Furs by Sebastian» beweist.

Uneinheitlich bleibt Hills Darstellung, weil er die Ernsthaftigkeit seiner Figur in «Maniac» auf die Spitze treibt. So spielt er lange die Tonleiter der Betrübtheit. Anders als ihr lethargisch agierendes Gegenüber setzt Stone auf eine ausschweifende Mimik. So schlüpft sie in die Rolle einer missmutigen Elfin oder verkörpert eine knallharte Geheimagentin. In wichtigen Nebenrollen sind Sally Field («Lincoln») und Theroux passend besetzt.

Liebevoll ausgestattet, eintönig gefilmt

Viel Mühe hat man sich in der Gestaltung der verschiedenen Schauplätze gegeben. Da «Maniac» im New York einer alternativen Realität spielt, werden Technikgegenstände der Vergangenheit mit futuristischen Spielereien verbunden. So erinnert die Einrichtung des Test-Labors an die alten «Star Trek»-Serien. Der sprechende Computer «GRTA» weckt Erinnerungen an HAL aus «2001: Odyssee im Weltraum».

Doktor James Mantleray (Justin Theroux) hängt an der Technik. - Netflix

Liebevoll werden Anspielungen auf die 80er-Jahre wie beispielsweise der Zauberwürfel oder alte Rechner präsentiert. Solche Reminiszenzen werden zum Glück nicht auf die Spitze getrieben. Visuell wird dagegen wenig geboten. Zwar spielen viele Szenen in hellen Umgebungen, der Einsatz von zahlreichen Grautönen trübt das Geschehen. Diese optische Eintönigkeit ist allerdings bei vielen anderen Netflix-Produktionen präsent. Ebenfalls als störend gestaltet sich das Benutzen von Computer-generierten Blutfontänen.

Fazit

«Maniac» bietet eine spannende Grundidee und eine aufwändige Ausstattung. Die Mini-Serie leidet aber am klassischen Serien-Symptom der Überlänge. So dauert es viel zu lange, bis die Haupthandlung auf Touren kommt. Die Abstecher ins Absurde während der 25 bis 45 Minuten langen Folgen bleiben oft ohne nennenswerte Konsequenzen. Sie dienen als Beispiel dafür, wie unharmonisch die verschiedenen Elemente von «Maniac» miteinander verbunden sind.

Deshalb kann man sich letztendlich zwischen all den Genre-Sprüngen nicht entscheiden, ob das Ganze eine Komödie oder doch ein Drama mit schwarzem Humor ist. Gegen Ende zeigt Fukunaga, dass in «Maniac» ein roher Diamant innewohnt. Die Mini-Serie wird dann nach reichlicher Verzögerung gelungen abgeschlossen. Übrig bleibt letztendlich ein zwiespältiger Eindruck.

Die deutschsprachige Vorschau auf «Maniac».