Schweizer Lehrpersonen leisten immer mehr unbezahlte Überzeit. Damit soll Schluss sein. Der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz stellt Forderungen.
Lehrermangel
Nicht allen Eltern passt es, dass ihre Kinder wegen des Lehrermangels von unqualifiziertem Personal unterrichtet werden könnte. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • In der Schweiz leisten immer mehr Lehrpersonen Überstunden – und das unbezahlt.
  • Der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz will dem ein Ende setzen.

Das Klischee von der vielen Freizeit der Lehrerschaft hält sich hartnäckig. Die dritte Arbeitszeiterhebung des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) zeigt jedoch ein anderes Bild. Demnach sollen Lehrpersonen in der Deutschschweiz weiterhin fast 13 Prozent an Gratisarbeit leisten.

«Schweizer Lehrpersonen haben die höchsten Sollarbeitszeiten aller OECD-Länder», stellte LCH-Zentralpräsident Beat W. Zemp am Mittwoch fest. «Zudem leisten sie unbezahlte Überstunden im Wert von Hunderten von Millionen Franken.» Angesichts dieses «unrühmlichen Spitzenplatzes» müsse man die Reissleine ziehen.

LCH stellte klare Forderungen

Laut Zemp muss die Bildungspolitik dafür sorgen, dass der Berufsalltag für Lehrpersonen mit den verfügbaren zeitlichen Ressourcen leistbar ist. LCH fordert eine Senkung der Pflichtlektionenzahl für Lehrpersonen sowie zwei Jahreslektionen für die Klassenleitung. Weitere Forderungen sind mehr Zeit für Elternarbeit und generell keine unbezahlte Überzeit.

Beat Zemp
Beat Zemp, Zentralpräsident des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH). - Keystone

Erfreulich ist laut Zemp allerdings der Rückgang der unbezahlten Überzeit um 40 Prozent in den vergangenen zehn Jahren. Die Jahresarbeitszeit für eine Vollzeit arbeitende Lehrkraft liegt nach Verbandsangaben je nach Stufe zwischen 2086 und 2222 Stunden.

Westschweizer Lehrpersonen leisten weniger Überzeit

Lehrpersonen leisteten in der Deutschschweiz je nach Stufe zusätzlich regelmässig zwischen 8,6 und 16 Prozent Überzeit ohne Kompensationsmöglichkeit. Das entspricht einem Durchschnittswert von knapp 13 Prozent.

Besser ist die Situation in der Westschweiz, wie eine erstmals durchgeführte, aber noch nicht vollständig ausgewertete Erhebung zeigt. So leisten Lehrerinnen und Lehrer in der Romandie bei einer tieferen Referenzarbeitszeit «nur» 2 Prozent Überzeit.

Je kleiner das Pensum, desto mehr Überstunden

Ein 100-Prozent-Pensum sei unter den heutigen Rahmenbedingungen kaum mehr zu leisten, beklagte LCH-Zentralsekretärin Franziska Peterhans. Immer mehr Lehrpersonen seien angesichts steigender Zusatzaufgaben im Beruf überlastet und leisteten deshalb heute Teilzeit.

Doch gerade Teilzeitlehrpersonen bekommen die hohe zeitliche Belastung besonders stark zu spüren. Laut der aktuellen Arbeitszeiterhebung bei über 10'000 Lehrerinnen und Lehrern leisten Lehrpersonen umso mehr Überstunden, je kleiner ihr Pensum ist. Bei einem Pensum von weniger als 50 Prozent werde durchschnittlich 22 Prozent Gratisarbeit geleistet, stellte Peterhans fest.

Der Teilzeittrend müsse gestoppt werden, erklärte Zemp. Es brauche in den kommenden fünf Jahren möglichst viele gesunde Lehrpersonen.

Der Grund: Die Schülerzahlen würden bis 2024 um rund 117'000 neue Schülerinnen und Schüler ansteigen. Dies entspreche einem historischen Höchststand. Gleichzeitig würden überdurchschnittlich viele Lehrerinnen und Lehrer in Pension gehen.

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