Am 25. September stimmen Volk und Stände über die Volksinitiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz (Massentierhaltungsinitiative)» ab. Die Initiative will die Würde der landwirtschaftlich genutzten Tiere in der Verfassung verankern. Das Wichtigste in Kürze:
Massentierhaltung
Daniel Jositsch und seine Mitstreiter an der Medienkonferenz zur Massentierhaltungsinitiative in Bern. - Keystone

In der Schweiz gab es laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) 2021 knapp 49'000 Landwirtschaftsbetriebe, davon 7670 Bio-Betriebe. Sie hielten insgesamt rund 1,5 Millionen Rinder und gegen 1,4 Millionen Schweine. Während die Bestände von Rindern und Schweinen im Vergleich zu 1985 etwas zurückgingen, verdoppelte sich die Zahl der Hühner von 6,2 auf rund 12,6 Millionen.

Die Schweiz verfügt nach Angaben des Bundes bereits über eines der strengsten Tierschutzgesetze weltweit. Vorschriften gibt es etwa zum Platz pro Tier, zu Fütterung und Betreuung und zu Lichtverhältnissen im Stall. Masthuhn-Betriebe dürfen maximal 27'000 Tiere halten, Legehennen-Betriebe bis zu 18'000. Bei Mastschweinen liegt die Obergrenze bei 1500 Tieren, bei Mastkälbern bei 300. Wie viele Tiere einer Art pro Betrieb gehalten werden dürfen, legen das Landwirtschaftsgesetz respektive die Höchstbestandesverordnung fest. Zusätzliche Bestimmungen gelten für Bio-Betriebe.

Die Initiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz» verlangt eine Verfassungsänderung zur landwirtschaftlichen Tierhaltung. Der Bund soll die Würde des Tieres in der landwirtschaftlichen Tierhaltung schützen. Konkret sollen Kriterien festgelegt werden für eine tierfreundliche Haltung und Pflege, den Zugang der Tiere ins Freie und die Schlachtung. Ebenso soll der Bund bestimmen, wie viele Tiere höchstens zusammen in einem Stall untergebracht werden dürfen.

Tiere und Tierprodukte, die mit in der Schweiz verbotenen Methoden produziert worden sind, dürfen gemäss Initiative nicht importiert werden. Für die Umsetzung der Initiative sind maximale Übergangsfristen von 25 Jahren vorgesehen. Die gesetzlichen Ausführungsbestimmungen sollen drei Jahre nach dem Ja in Kraft sein und sich an den Bio-Suisse-Richtlinien von 2018 orientieren.

Lanciert wurde die Initiative vom Verein Sentience. Die Trägerschaft bilden die Fondation Franz Weber, Vier Pfoten und Greenpeace; unterstützt wird sie unter anderem vom Schweizer Tierschutz, von der Stiftung für das Tier im Recht, Kag Freiland, der Kleinbauernvereinigung sowie von den Grünen und den Jungen Grünen.

Dem Initiativkomitee genügen die geltenden Tierhalte-Vorschriften nicht. Die meisten landwirtschaftlichen Nutztiere verbrächten den Grossteil ihres Lebens zusammengepfercht auf Betonböden und hätten kaum Möglichkeiten, sich zu beschäftigen, schreiben sie. Alle Tiere und nicht wie heute nur rund jedes achte müssten regelmässigen Auslauf ins Freie bekommen.

Weiter will die Initiative, dass gegenüber heute die Zahl der gemeinsam in einem Stall gehaltenen Tiere reduziert wird. Laut dem Komitee trifft die Initiative «industrielle Grossbetriebe». Beim Bund ist die Rede von 3000 Betrieben, die sich anpassen müssten.

Der Bundesrat verweist auf die im weltweiten Vergleich strenge Gesetzgebung zum Tierschutz. Müssten Lebensmittel mit tierischen Produkten dem Bio-Standard entsprechen, führe dies höheren Preisen und weniger Auswahl. Importauflagen würden zudem internationale Handelsabkommen verletzen. Höhere Kosten kämen auch auf die Landwirtschaft zu.

Das Nein-Komitee hält die Initiative angesichts des hohen hiesigen Tierwohl-Standards für unnötig. Der Bauernverband erwartet - gestützt auf eine Studie - einen Rückgang der Selbstversorgung mit Hühner- und Schweinefleisch sowie Eiern. Durch die staatliche Angebotsregelung verstösst die Initiative laut dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse gegen die Prinzipien des freien Marktes.

Das Parlament empfiehlt die Massentierhaltungsinitiative zur Ablehnung. Der Nationalrat tut dies mit 106 zu 77 Stimmen bei 8 Enthaltungen. Im Ständerat wird die Initiative mit 32 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Den vom Bundesrat ausgearbeiteten direkten Gegenvorschlag zur Initiative lehnte das Parlament ab.

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