Aus Angst, ihre Aufenthaltsbewilligung zu verlieren, hüten sich viele Ausländerinnen und Ausländer davor, Sozialhilfe zu beziehen, obwohl sie diese in der Coronakrise dringend bräuchten. Die Stadt Luzern stellt daher 400'000 Franken Überbrückungshilfe zur Verfügung.
Sergei Wassiljewitsch Rachmaninow
Der Luzerner Regierungsrat will die Villa Senar in Hertenstein kaufen. Diese gehörte dem Russen Sergei Wassiljewitsch Rachmaninow (Symbolbild). - Keystone

Das Pilotprojekt richtet sich an Menschen mit einer B- oder C-Bewilligung sowie an Sans-Papiers. Anrecht auf Unterstützung hat, wer seit fünf Jahren in der Schweiz und seit zwei Jahren in Luzern wohnt, wie die Stadt am Freitag mitteilte.

Dass viele Ausländerinnen und Ausländer in prekären Beschäftigungsverhältnissen während der Pandemie finanziell in Not gerieten, sei der Migrationsgesetzgebung des Bundes geschuldet, sagte Stadtrat Martin Merki (FDP). Diese produziere Armut und sei ein Armutszeugnis für den Sozialstaat Schweiz.

So würden sich nämlich Menschen mit B- oder C-Bewilligungen, die seit langem in der Schweiz lebten und arbeiteten und in die Sozialwerke einzahlten, nicht trauen, Sozialhilfe zu beantragen. Das kantonale Migrationsamt könnte ihnen in solchen Fällen die Aufenthaltsbewilligung entziehen oder sie zurückstufen.

Nach entsprechenden Hinweisen aus der Integrationskommission und einer Motion im Stadtparlament habe der Stadtrat das Pilotprojekt «Überbrückungshilfe» lanciert. Es dauert eineinhalb Jahre und wird mit 400'000 Franken aus dem Margaretha-Binggeli-Fonds finanziert und somit ohne Steuergelder.

Ziel ist es, den Betroffenen vorübergehend zu helfen, ihren Lebensbedarf zu sichern, also Wohnung, Essen, Kleider und Gesundheit. Weil diese Menschen aus Angst oft nicht zur Stadt kämen, arbeite man mit der Caritas und der Beratungsstelle Sans-Papiers zusammen, sagte Merki.

Diese leisten Kurzberatungen und können etwa Mietzins oder Krankenkassenrechnungen kurzfristig finanzieren. Man gehe von 50 bis 300 Personen aus, die für die Überbrückungshilfen in Frage kämen.

24'000 Franken sind für Sans-Papiers eingestellt, von denen es in Luzern und der Agglomeration wohl mehrere hundert gebe. Ohne Aufenthaltsbewilligung sind sie oft besonders verletzlich. Die im März 2020 gesprochenen 20'000 Franken von der Glückskette habe die Kontakt- und Beratungsstelle Sans-Papier in Luzern bereits aufgebraucht.

12 Prozent des Gesamtbeitrags oder 48'000 Franken fliessen in die Beratung, die Abwicklung der Fälle und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen involvierten Stellen. Das Pilotprojekt wird voraussichtlich gemeinsam mit der Stadt Zürich ausgewertet, die ein ähnliches Projekt lanciert hat.

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