Das Schweizer Gesundheitswesen ist nicht zu teuer, lediglich das Versicherungssystem der Krankenkassen funktioniert nicht. Ein Gastbeitrag von Bernhard Pulver.
Bernhard Pulver
Autor Bernhard Pulver ist Präsident des Verwaltungsrates der Insel Gruppe. - zvg
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweiz darf stolz sein auf sein Gesundheitswesen.
  • Spar- und Kostendruck verschlechtern die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals.
  • Die Krankenkassenprämien steigen mehr als die Gesundheitskosten.

In den nächsten Wochen werden Politiker:innen von links bis rechts angesichts steigender Krankenkassenprämien wieder von einer «Kostenexplosion» sprechen und behaupten, unser Gesundheitswesen sei zu teuer und es müsse dringend gespart werden.

Selbstverständlich sind die Krankenkassenprämien für viele Leute ein Problem und hier müssen wir sozialpolitisch handeln. Und selbstverständlich müssen Ärzt:innen und Spitäler haushälterisch mit den Mitteln der Versicherten umgehen.

Dass wir das tagtäglich tun und dafür von niemandem Applaus erhalten, davon könnte ich Ihnen als Verantwortlicher für ein grosses Spital ein Lied singen.

Ich sehe auch viele Möglichkeiten, wie wir auf vernünftige Art effizienter werden können und diese Möglichkeiten ergreifen wir auch.

Kostendruck verschlechtert die Arbeitsbedingungen

Ich halte es aber für falsch, zu behaupten, unser Gesundheitswesen sei zu teuer. Zehntausende von Mitarbeitenden in der Pflege, Haus- und Kinderärzt:innen, Spezialisten und Spitäler leisten in unserem Land hervorragendes.

Mit immer mehr Spar- und Kostendruck gefährden wird die Versorgung und verschlechtern die Arbeitsbedingungen dieser Menschen.

Die Schweiz darf stolz sein auf sein Gesundheitswesen, wie sie auch stolz sein darf auf ihre Hochschulen oder ihre gut funktionierende Verwaltung. Krankheiten, die früher tödlich waren, können heute behandelt werden, Hirnschlagpatient:innen verlassen das Spital heute ohne Lähmungen oder Behinderungen, die Lebenserwartung der Schweizerinnen und Schweizer ist auch dank unserer Pflege und unseren Ärzt:innen sehr hoch.

Dank unserer Medizin werden wir eines Tages sogar den Krebs besiegen. Die Liste liesse sich beliebig verlängern.

Seien wir den Mitarbeitenden des Gesundheitswesens dafür dankbar. Ihre Leistungen sind die rund 12 % des Bruttoinlandproduktes wert, die wir für Gesundheit ausgeben. Und wir können und wollen uns diese Ausgaben auch leisten.

Die Wachstumsraten der Gesundheitsausgaben sind in den letzten Jahren gesunken, von einer Kosten«explosion» kann nicht die Rede sein.

Krankenkassensystem muss angepasst werden

Was nicht funktioniert, ist unser Krankenversicherungssystem. Die Prämien steigen mehr als die Gesundheitskosten.

Die Kosten sind in den letzten 25 Jahren um 80 % gestiegen – die Prämien aber um 146 %. Wir zahlen immer einen grösseren Anteil über die Prämien. Das müssen wir anpacken.

Was wir ändern müssen, sind die unsozialen Kopfprämien. Sprechen wir über Prämienverbilligungen, über einkommensabhängige Prämien oder Lohn-Prozente, sprechen wir über eine öffentliche Krankenversicherung wie unsere bewährte SUVA.

Krankenversicherung Prämie
Die Krankenkassenprämien sind in den letzten 25 Jahren um 146 Prozent gestiegen. (Symbolbild) - keystone

Aber hören wir auf, unsere Pflegemitreitenden, unsere Ärzt:innen und unser Gesundheitswesen mit Kostendruck kaputt zu machen!

Zum Wohle dieser für uns engagierten Menschen, zum Wohle von uns allen.

Zum Autor: Bernhard Pulver ist seit 2019 Präsident des Verwaltungsrates der Insel Gruppe und Lehrbeauftragter für «Politische Steuerung». Der ehemalige Grünen-Regierungsrat des Kantons Bern kandidiert für den Ständerat.

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