Markus Hauser war einst Manager in einer grossen Schweizer Firma. Heute ist er ausgestiegen - und lebt als Bruder Markus in seinem eigenen Orden in Baden.
Ordensbruder Markus Hauser
Ordensbruder Markus Hauser. - Nau.ch
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«Ich war immer gestresst», erzählt Markus Hauser. Und zählt Dinge auf, die viele Arbeitnehmer kennen.

Das Hin und Her zwischen Arbeitsort und Bett. Die SMS spätnachts vom Chef, mit Aufträgen für den nächsten Morgen. Der Smalltalk mit Angestellten, der nicht wirklich interessiert.

Ein Leben zwischen Geld und Angst

In seiner Anstellung als Manager in einem grossen Schweizer Sicherheitsunternehmen waren Angestellte für ihn nur Mittel zum Zweck. «Genauso wie ich für meine Vorgesetzten Mittel zum Zweck war.»

Der Zweck, realisiert Hauser, würde immer das Geld sein. «Alles drehte sich letzten Endes darum.» Und wenn das Geld nicht da war, dann herrschte Angst.

Für Markus Hauser war es ein System, dem er sich nicht unterordnen wollte. Er kündigte seine Führungsposition. Als er seinem Chef erklärte, dass er keine neue Anstellung hat, keine besseren Lohnaussichten, verschlug es diesem die Sprache.

Hilfe für Randständige

Tatsächlich ist Hausers Werdegang unkonventionell. Nach seiner Kündigung engagierte er sich lange in der Notschlafstelle Baden, die Randständigen und Obdachlosen einen Platz bietet.

«Zu meiner Zeit beim Sicherheitsunternehmen waren diese Menschen Unrat für mich. In meiner neuen Arbeit hatte ich plötzlich Kontakt zu ihnen. Ich merkte, wie falsch ich alle diese Jahre lag. Jeder hat seine Geschichte, seinen Rucksack zu tragen. Ich versuche heute, die Menschen nicht zu bewerten, nicht an Idealen zu messen. Sondern ihnen zu helfen.»

Kein Platz im katholischen Orden

Die Arbeit im sozialen Bereich sollte nur eine Zwischenstation sein. Für Hauser war sie lehrreich, doch sie liess sich nicht mit einem bedingungslosen Glauben an Barmherzigkeit und Nächstenliebe verbinden.

Ordensbruder Markus Hauser
Ordensbruder Markus Hauser. - Nau.ch

Da der Glaube für ihn einen hohen Stellenwert hatte, suchte er nach einer Gemeinschaft, der er sich als Mönch anschliessen konnte. «Das ist nicht so einfach. Es gibt nicht viele, und die, die ich ins Auge fasste, wollte mich als reformierten Bruder nicht aufnehmen.»

Unterstützung für gestresste Manager

Hauser gründete schliesslich seinen eigenen, evangelischen Orden. Dieser hat seinen Sitz mitten in Baden. Im alten, mehrstöckigen Haus hat es Schlafzimmer, eine Gemeinschaftsküche, ein kleines Oratorium.

Drei Menschen wohnen in der Gemeinschaft, 15 umfasst der dahinterstehende Verein. «2023 wird dieses Haus abgerissen», meint Hauser, «bis dann brauchen wir einen neuen Ort.»

Für diesen Ort hat Hauser eine Vision. «Es soll ein Zufluchtsort für Menschen in Lebenskrisen werden. Menschen, die einen Ort der Ruhe brauchen, wenn sie Sorgen haben oder sich plötzlich in neuen Umständen befinden.»

Traum von Mariawil

Markus Hausers Wunschort ist das Gebäude angrenzend an die Kapelle Mariawil in Baden.

Für die Anlage bestehen bereits fortgeschrittene Pläne, wie man Markus Hauser beschied. Dennoch zeigte sich ihre Inhaberin, eine römisch-katholische Ordensgemeinschaft, bereit, mit Markus Hauser ins Gespräch zu treten.

Für seine Vision setzt Markus Hauser nun auf dieses Gespräch.

Doch die Idee ist nicht an den Ort gebunden. «Ich glaube, dass viele Menschen heutzutage irgendwann nicht mehr sehen, was eigentlich der Sinn ist in ihrem Leben.»

Der Glaube als moderne Medizin

«Ruhe, Friede, Zugehörigkeit – das finde ich im Glauben. Und fehlen diese Dinge nicht vielen Menschen heutzutage? Finden sie es bei der Arbeit, beim Pendeln, im Alltag? Oder bei einem Burn-out in der Klinik oder bei den Sozialwerken? Nein, dort gibt es das nicht.»

Sola Gratia
Mitten in Baden lebt die evangelische Gemeinschaft Sola Gratia. - Nau.ch

Daneben stört es ihn auch, dass die reformierte Gemeinschaft zunehmend Mitglieder verliert. Er sieht in seinem Orden die Möglichkeit, in Gemeinschaft mit dem Glauben zu leben, aber auch neue Ideen aufzunehmen.

«Einfach ein Kirchenblatt zu verschicken – das reicht heute nicht mehr. Ich will die Menschen wieder erreichen – nicht um sie zu belehren oder zu bekehren. Sondern um ihnen – wenn sie möchten – etwas Luft zu verschaffen.»

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