Ein regelrechter Trend um die Abnehm-Spritze Ozempic sorgt für Engpässe bei dessen Lieferung – ganz zum Frust der betroffenen Patienten.
Ozempic-Spritze
Die Spritze wurde eigentlich für Patienten mit Diabetes oder Adipositas entwickelt. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Schweiz herrscht ein Mangel des Diabetes-Medikaments Ozempic.
  • Der Grund: Die Spritze wird als Abnehm-Wundermittel missbraucht.
  • Also müssen Patienten auf das teurere Wegovy zurückgreifen.
  • Dessen Kosten werden jedoch nicht von der Krankenkasse übernommen.
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In der Schweiz wächst die Frustration unter Patienten mit Adipositas und Diabetes. Der Grund dafür ist ein Mangel an Abnehmspritzen wie Ozempic und Saxenda. Diese sind kaum noch erhältlich, während das neue Produkt Wegovy von den Krankenkassen bisher nicht übernommen wird.

Tausende Betroffene stehen auf Wartelisten und sehen sich gezwungen, tief in die Tasche zu greifen. Susanne Maurer, Leiterin des Zentrums für Adipositas- und Stoffwechselmedizin in Winterthur, beschreibt die Situation gegenüber dem «Tagesanzeiger» als «En Seich».

Sie hat zwar genügend Vorräte des neuesten Medikaments zur Gewichtsreduktion Wegovy im Kühlschrank liegen. Doch dieses kostet nicht nur 100 Franken mehr als seine Vorgängerprodukte – es wird auch nicht von den Krankenkassen bezahlt.

Frustration unter Patienten wächst

Die Folge: Maurer muss ihre Patienten auf das teurere Medikament umstellen – eine Belastung für viele ihrer Schützlinge. Denn wer sich diese Behandlung leisten will, muss monatlich 250 Franken aus eigener Tasche zahlen.

Maurers Patienten sind verständlicherweise frustriert über diese Entwicklung – einige reagieren sogar aggressiv darauf. «Viele sind ob der Situation hässig, manche mir gegenüber auch ausfällig», sagt Maurer. Sie betreut rund 3000 Patienten in ihrem Adipositas-Zentrum.

ozempic
Frust bei Patienten mit Adipositas und Diabetes: Es herrscht ein Mangel an Abnehm-Spritzen wie Ozempic.
wegovy
Um eine gute Behandlung zu gewährleisten, müssen sie auf das neue Medikament «Wegovy» zurückgreifen.
wegovy
Dieses ist jedoch teurer als Ozempic und wird nicht von der Krankenkasse bezahlt.

Die Behandlung mit den Abnehmspritzen darf nur von Diabetologen und spezialisierten Zentren angeordnet werden. Sie ist ausschliesslich für Menschen vorgesehen, die an Adipositas leiden, so der «Tagesanzeiger».

Ein Patient ohne Vorerkrankungen muss einen Body-Mass-Index (BMI) von mindestens 35 aufweisen, um die Kosten für Saxenda erstattet zu bekommen.

Maurer ärgert sich über den Lieferengpass, der durch den Hype um die Produkte entstanden ist. Prominente wie Oprah Winfrey oder Robbie Williams haben öffentlich gemacht, dass sie mit Ozempic abnehmen. Seitdem ist die Nachfrage nach Fett-weg-Spritzen explodiert.

Pharmakonzern kämpft mit Produktion

Alle drei Medikamente werden vom Pharmakonzern Novo Nordisk hergestellt – dem mittlerweile wertvollsten europäischen Unternehmen. Der Konzern hat kürzlich angekündigt, drei Pharmafabriken für 11 Milliarden Dollar zu kaufen. Diese sollen schnellstmöglich in die Herstellung der Abnehmmittel eingebunden werden.

Trotzdem kann Novo Nordisk mit der Produktion nicht Schritt halten: «Aufgrund der weltweit hohen Nachfrage ist die globale Liefersituation angespannt», bestätigt eine Sprecherin des Unternehmens gegenüber dem «Tagesanzeiger». Um eine schweizweite Verfügbarkeit zu garantieren, werden die Bestellungen kontingentiert.

Kennen Sie Menschen in Ihrem Umfeld, die Ozempic genutzt haben?

Maurer vermutet jedoch, dass der amerikanische Markt bevorzugt wird – dort sind die Preise am höchsten. «Das mag ein Grund sein, dass da die Schweiz hinten anstehen muss», sagt sie.

Behandlungsdauer und Wartelisten

Die Wartelisten für neue Patienten werden immer länger: Bei Maurer beträgt die Wartezeit fast acht Monate. Ihre Patientinnen und Patienten haben durchschnittlich einen BMI von 42 und sind 46 Jahre alt.

Maurer betont: «Ein normales Leben zu leben und zu arbeiten, ist so schlicht nicht möglich». Sie fordert daher dringend Lösungen für diese Menschen – denn Abnehmspritzen sollten nicht als Lifestyle-Medikament missbraucht werden.

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