Laute Mittelmeer-Möwen nerven Schweizer Städter - Abschuss-Verbot!
Immer öfter sind in Schweizer Städten nicht nur Tauben, sondern auch die grossen Mittelmeermöwen anzutreffen – und vor allem zu hören.
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Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Mittelmeermöwen brüten auf Gebäuden statt an Gewässern.
- Ihr Rufen erinnert an Ferien. Wird aber auch als störendes Kreischen wahrgenommen.
- Zug setzte sich beim Bund erfolglos für deren Abschuss ein. Die Reklamationen halten an.
Nicht nur Tauben und Saatkrähen machen den Städtern mit ihrem Kot und Lärm das Leben schwer. Auch Mittelmeermöwen fallen mit ihrem unüberhörbarem Ruf in den Quartieren immer mehr auf.
«Zum Gurren der Tauben kommt jetzt noch das Kreischen der Möwen hinzu. Und das ist sehr laut und nervt», sagt ein Freiburger zu Nau.ch. In seinem Quartier im Zentrum der Stadt haben sich die Tiere auf dem Dach einer Schule eingenistet.
Und drehen dort unverkennbar jeden Tag ihre Runden. «Es mag kleinlich tönen, aber ich finde das Kreischen störend», sagt er zu Nau.ch.
Das Phänomen kennen nebst Freiburg auch andere Städte wie Bern, Zug oder Zürich.
Zuger stören sich immer noch ab Möwen
In Zug war es vor einem Jahr so schlimm, dass sich der Kanton beim Bund dafür starkgemacht hat, dass diese Möwen künftig geschossen werden dürfen.
Denn gemäss Jagdgesetz sind Mittelmeermöwen geschützt und dürfen nicht gejagt werden.
Der Kanton Zug setzte sich somit im Rahmen der Vernehmlassung zur revidierten Jagdverordnung beim Bund dafür ein, dass der Schutzstatus der Mittelmeermöwe aufgehoben wird.
Doch dazu ist es nicht gekommen, wie Martin Ziegler, Leiter des Zuger Amts für Wald und Wild auf Anfrage erklärt.
«Die revidierte Jagdverordnung wurde inzwischen verabschiedet – der Antrag des Kantons wurde vom Bund jedoch nicht berücksichtigt. Der bundesrechtliche Schutz der Mittelmeermöwe bleibt somit weiterhin bestehen», so Ziegler zu Nau.ch
In Zug ist das Problem damit aber nicht gelöst – ganz im Gegenteil. «Wir erhalten nach wie vor regelmässig Rückmeldungen aus der Bevölkerung – insbesondere wegen des lauten Rufs der Mittelmeermöwen sowie der Verschmutzungen durch Kot von Kolonien», erläutert der Amtsleiter.

In solchen Fällen bleibt dem Kanton Zug nichts anderes übrig, als die Betroffenen über den Schutzstatus der Möwen zu informieren und zu prüfen, «ob und welche milderen Massnahmen vor Ort möglich sind.»
Entscheidend sei dabei, «dass keine Fütterung stattfindet und keine offen zugänglichen Abfälle vorhanden sind.» Vor Beginn der Brutsaison könnten auch Netze, Abdeckungen oder optische Abschrecksysteme installiert werden, um das Nisten auf Dachflächen zu verhindern oder unattraktiv zu machen.
Helfen kann gemäss Ziegler auch eine Kontrolle der Dachflächen im Frühling, um mögliche Neststandorte frühzeitig zu erkennen und einem Nestbau entgegenzuwirken.
«Schöne Stimmung, die ans Meer erinnert»
Dass die Mittelmeermöwen kreischen, findet Livio Rey, Mediensprecher an der Vogelwarte Sempach, überhaupt nicht. «Sie erzeugen eine schöne Stimmung, die ans Meer erinnert.» Ihm falle immer wieder auf, dass menschlicher Lärm in der Gesellschaft mehr akzeptiert werde als Tiergeräusche.
Dabei hätten Studien gezeigt, dass Verkehrslärm mit 80 bis 90 Dezibel lauter sei als die Saatkrähen zum Beispiel. Deren grosse Kolonien kämen auf 60 bis maximal 75 Dezibel.

Stimmt der Eindruck, dass sich die Mittelmeermöwe immer öfter in der Stadt niederlässt? «Seit 2016 geht die Population in der Schweiz wieder zurück», erklärt Livio Rey, Mediensprecher bei der Vogelwarte Sempach auf Anfrage.
Aber: «Gleichzeitig steigt der Anteil von Vögeln, die auf Gebäuden brüten.»
Denn auf Flachdächern fänden die Möwen geeignete Nistplätze, so Rey. «Diese sind spärlich bewachsen, kiesig und ähneln mit etwas Fantasie einem Fluss- oder Seeufer.» Auf den Dächern seien die Möwen zudem sicher vor Feinden wie Ratten oder Füchsen.
Die Inseln mit felsigem oder kiesigem Untergrund, auf denen die Mittelmeermöwen bevorzugt brüten, wachsen zum Teil zu, wie Rey ausführt.
Somit haben die Tiere dort keinen Platz mehr und weichen eben auf städtisches Gebiet aus – wo sie wie im Fall von Zug und Freiburg nicht immer willkommen sind.