Immer mehr Lehrer klagen über Gewalt im Job. Wenn Schüler zuschlagen, ist das ein Zeichen der Überforderung, so ein Experte. Er sieht die Eltern in der Pflicht.
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Schlagen Kinder zu, sieht ein Experte die Eltern in der Verantwortung, nicht die Lehrpersonen. (Symbolbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Zwei von drei Lehrpersonen wurden schon Opfer von physischer oder psychischer Gewalt.
  • Eltern bringen ihren Kindern nicht bei, mit Schwierigkeiten umzugehen, so ein Experte.
  • Deshalb greifen sie auf die einzige Lösung zurück, die ihnen einfällt: Gewalt.

Schüler, die Lehrer bespucken, beleidigen und mit Gewalt bedrohen – laut einer Studie keine Seltenheit. Zwei von drei Lehrpersonen in der Schweiz wurden bereits Opfer von psychischer oder physischer Gewalt.

Manchmal sind die Täter Schüler, öfter sind es Angehörige. Doch die Eltern tragen auch die Verantwortung für das gewalttätige Verhalten ihrer Kinder – zumindest, wenn es regelmässig vorkommt. Das sagt der pensionierte Kinder- und Jugendpsychologe Philipp Ramming zu Nau.ch.

In diesen Fällen hätten die Eltern dem Kind nicht die nötigen Werkzeuge mitgegeben, mit schwierigen Situationen umzugehen. «Kinder müssen lernen, Kompromisse zwischen ihren eigenen Bedürfnissen und denen von anderen zu schliessen.»

Sind Ihre Kinder gut erzogen?

Wenn das nie gelernt wird, greifen die Kinder auf die einzige «Lösung» zurück, die sie kennen: Gewalt. «Sie geraten in eine Zwangslage, die Gewalt ist quasi der Befreiungsschlag», so der Erziehungsberater.

Jüngere schlagen häufiger zu

Interessant: Oft sind es nicht Oberstufen-Schüler, die körperliche Gewalt anwenden. Die oberste Lehrerin der Schweiz, Dagmar Rösler, sagt zu Nau.ch: «Unsere Studie hat aufgezeigt, dass Lehrpersonen am stärksten an Sonderschulen und am wenigsten auf Sek-II-Stufe mit Gewalt konfrontiert sind».

Gewalt von jüngeren Kindern sei häufiger. «Es hat oft mit der noch niedrigen Frustrationsgrenze zu tun», so die Präsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz.

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Laut einer Studie haben zwei von drei Lehrpersonen in der Schweiz in den letzten fünf Jahren Gewalt erlebt. (Symbolbild)
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Meist kommt es nicht zu Handgreiflichkeiten, aber zu Drohungen und Beschimpfungen. (Symbolbild)
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Zahlreiche Lehrer erzählten zudem, wie sie von Angehörigen von Schülerinnen und Schülern schikaniert wurden. (Symbolbild)

Die Schuld sieht Rösler nicht bei den Lehrern. Wenn es zu Gewalt kommt, spiele es keine Rolle, wie gut sich jemand gegenüber den Schülern behaupten kann.

Experte hält nichts von Fernunterricht für «Alpha-Tiere»

Ein Ostschweizer Lehrer klagte kürzlich, dass sogenannte «Alpha-Tiere» die Klassendynamik prägten. Sie würden die Gspänli dazu anstiften, Probleme zu machen. Sein Vorschlag: Diese Alpha-Tiere im Notfall in den Fernunterricht verbannen.

Das reicht laut dem ehemaligen Erziehungsberater Philipp Ramming nicht aus. «Schüler, die den Unterricht stören, müssen sanktioniert werden. Sie aber nur aus der Schule zu verbannen, halte ich nicht für richtig.»

Stattdessen müsse ihnen beigebracht werden, anders mit Konflikten umzugehen. «Das ist aber nicht die Verantwortung der Lehrer, sondern der Eltern.» Wenn ein Kind zuschlägt, sei es in seinen Augen wichtig, dass Eltern externe Hilfe hinzuziehen.

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