Der Erlach-Mörder von Doris W. (†10) soll verwahrt werden, der Gutachter beurteilt ihn als «untherapierbar». Er selbst sieht sich als Opfer, will aus dem Knast.
Erlach-Mörder Bielersee Prozess Pädophiler
Doris W. (†10) wurde 1989 von einem Pädophilen am Bielersee ermordet. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Vor 30 Jahren wurde Doris W. (†10) in Erlach BE brutal getötet.
  • Nun soll ihr Mörder Michael M. verwahrt werden.
  • Ein Gutachter hält ihn für untherapierbar.
  • Das Risiko, dass er wieder tötet, sei sehr hoch: «Man kann die Therapie einstellen.»
  • Michael M. kritisiert die Behörden und will aus dem Gefängnis.

Doris W. (10) wurde vor 30 Jahren in Erlach BE brutal getötet. Seit heute steht ihr Mörder, Michael M. (52), wieder vor Gericht in Biel. Jetzt soll er verwahrt werden.

Der Kindsmörder ist klein und gedrungen, mit kurzgeschnittenem Kinnbart. Er darf den Verhandlungen ohne Handschellen beiwohnen. Michael M. sitzt mit verschränkten Armen da. Die linke Hand streicht immer wieder über seinem Mund.

Dissoziale Persönlichkeitsstörung und pädophil

Über zwei Stunden lang befragt die Richterin zuerst den Gutachter. Dieser stellt unmissverständlich klar: «Herr M. ist untherapierbar.» Über 20 Jahre lang versuchten Therapeuten an Michael M. ihr Können. Vergeblich.

«Während der langen Therapiedauer wurden keinerlei positive Resultate erzielt», so der Gutachter. «Man hat hier wirklich alles versucht, das man machen kann. Es brachte nichts.»

BIel Erlach-Mörder
Das Gerichtsgebäude mit der Aufschrift «Amthaus» in Biel. - Keystone

Michael M. hat eine dissoziale Persönlichkeitsstörung und ist pädophil. Hinzu kommt eine Hypersexualität. «Er hat ein gesteigertes sexuelles Verhalten», so der Experte. Michael M. schüttelt mehrmals den Kopf.

Michael M. akzeptiert nicht, dass er pädophil ist

Das Schicksal von Doris W. bewegte vor 30 Jahren die ganze Schweiz. Das Mädchen wurde von Michael M. brutal ermordet. Der Mörder sass bereits wegen Brandstiftung und versuchter Unzucht mit Kindern im Knast. Er erdrosselte und erschlug Doris auf Hafturlaub. Drei Monate nach der Tat flog er auf, weil er einem Mithäftling von seiner Tat erzählt hatte.

Für den Mord an Doris W. kassierte Michael M. 16 Jahre Knast. Seitdem sitzt er hinter Gittern.

«Herr M. hat zwar einen IQ von 106. Er ist aber psychopathisch und manipulativ», sagt der Gutachter. «Er machte bei der Therapie zwar engagiert mit, gleichzeitig hatte er aber in seiner Zelle eine CD mit härtester Pornografie.» Der Polizei gelang es wegen der perfiden Verschlüsselung nur ein einziges Bild offenzulegen.

Erlach Bielersee
Blick über den Bielersee auf das Dorf Erlach. - Keystone

Rückfallrisiko laut Gutachter «noch immer sehr hoch»

Seit 2014 wird Michael M. nicht mehr therapiert. Er soll jetzt verwahrt werden. Angewendet werden soll Artikel 62c Absatz 4 des Schweizer Strafgesetzbuches. Dieser besagt: Wenn nach einer Massnahme immer noch ernsthaft zu erwarten ist, dass der Täter weitere Taten begehen könnte, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Verwahrung anordnen.

Auch zum Rückfallrisiko hat der Gutachter keinerlei Zweifel: «Das Rückfallrisiko für Sexual- und Gewalttaten ist bei ihm noch immer sehr hoch. Viel höher als bei anderen Menschen, die schon einmal getötet haben.»

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Michael M.s Fall wurde heute in Biel vor Gericht verhandelt (Symbolbild). - Keystone

Die Richterin fragt, ob das auch für Tötungsdelikte gelte. «Ja sicher. Auch das Risiko, dass Herr M. wieder tötet, ist sehr hoch. Es ist um ein Vielfaches höher als bei anderen Sexualmördern. Man kann die Therapie einstellen.»

Mörder beschuldigt die Behörden

Am Nachmittag wird Michael M. von der Richterin befragt. Er ist hässig auf die Behörden. «Das Obergericht verfügte 2014 eine neue Massnahme. Trotzdem weigerte man sich, das mit einer neuen Therapie umzusetzen», kritisiert er. «So bekommt man ein Problem mit der Rechtsstaatlichkeit.»

Alles sei in seinem Fall auf die lange Bank geschoben worden, jammert er. Er habe seine Strafe im Jahr 2007 abgesessen. «Mir wurden auch Fortschritte in der Therapie attestiert.»

Als ihn die Richterin fragt, ob er denn noch eine Therapie machen wolle, weicht er aus. «Ich bin dazu allenfalls bereit. Doch ich wurde angelogen. Ich merkte, man war nicht ehrlich zu mir. Ich werde jetzt wie das grösste Monster dargestellt.»

Verteidiger fordert Freilassung auf Probe

Michael M. sagt, er sei nicht pädophil: «Man hat das Thema unzählige Male besprochen. Meine Probleme liegen in meiner Impulskontrolle.» Er wolle schrittweise raus aus dem Knast. «Mit begleiteten Ausgängen und dann in einer halboffenen Einrichtung, natürlich therapeutisch begleitet.»

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Die Chancen, dass Michael M. frei kommt, sind gering (Symbolbild). - Keystone

Der Verteidiger von Michael M. fordert eine bedingte Freilassung mit einer Probezeit von fünf Jahren und eine ambulante Behandlung. Er kritisiert das Gutachten: «Es ist ein Gebastel, dass in einer Rekordzeit von zwei Monaten erstellt wurde.» Sein Mandant sei nicht pädophil. «Eine ursprüngliche Verdachts-Diagnose wurde zur festen Diagnose.»

Der Staatsanwalt spricht sich für die Verwahrung des Kindsmörders aus. Die extrem lange Therapie habe praktisch nichts gebracht: «Die Psychiater sind am Ende ihres Lateins angelangt. M. ist austherapiert. Es gelang ihm auch, seine Therapeuten im Gefängnis zu täuschen.»

Das Urteil wird morgen Dienstag um 16 Uhr verkündet.

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