Der Sonos Era 300 im Nau.ch-Test - Musik der Zukunft

Vor rund zwei Monaten lancierte Audio-Experte Sonos zwei neue Lautsprecher. Der kleinere Sonos Era 100 konnte sich bereits im Nau.ch-Test als neue Smart Speaker-Messlatte beweisen. Den viel grösseren Sprung wagt der Sonos Era 300, ein komplett neuer Lautsprecher mit einem gehörigen Versprechen: Dolby Atmos.

Optisch hebt sich dieser Lautsprecher klar von der gesamten Konkurrenz ab. Sonos spricht von einem «Sanduhr-Design», was wohl tatsächlich die treffendste Beschreibung sein dürfte. Hübsch ausschauen kann der Lautsprecher alle Mal.

In seiner Essenz teilt sich der Era 300 viele Eigenschaften mit dem kleineren Era 100. Sprich: Das neue Touch-Interface, Vernetzung mit mehreren artgleichen Speakern, Sprachassistent, Sound via USB-C-Analoganschluss und Bluetooth und neues Trueplay-Tuning sind allesamt da.

Wer sich also mit den technischen Features auseinandersetzen will, kann gerne noch mal meinen Testbericht zum Era 100 nachlesen.

Für über 200 Franken Aufpreis stellt sich natürlich die Frage, was denn der 300er für Vorteile liefert. Das Alleinstellungsmerkmal beim grösseren Sonos-Speaker ist der Sound, und dieser ist nicht zu kurz geraten.

Ab Werk kommt dieser Smart Speaker mit einem wuchtigen, raumfüllenden Sound daher. Was direkt auffällt, ist die Bassleistung, welche aber die restlichen Frequenzen nie übertönt. In diesen tieferen Wellenlängen ersetzt er alleine zwar keinen Subwoofer, muss sich vor diesem aber auch nicht verstecken.

Ebenfalls sehr überzeugend sind die Höhen, welche kristallklar und akustisch sauber getrennt daherkommen. So ergibt sich beim Sonos Era 300 eine grosse Soundstage, welche für ein hochwertiges Klangerlebnis sorgt. Ermöglicht wird dies durch die insgesamt sechs Audiotreiber, welche noch viel mehr können, als schlicht «guten Klang». Dolby Atmos.

Atmos ist das neue Soundformat von Dolby, quasi der nächste Schritt nach Stereosound. Bekannt ist diese Technologie wohl den Meisten aus dem Kino. Hier werden unterschiedliche Soundquellen in einem virtuellen Raum platziert und im echten Raum punktgenau wiedergegeben. Was sonst ein grosses Setup mit etlichen Speakern benötigt, will der Era 300 auch alleine schaffen.

In der Musikwelt können via Atmos etwa einzelne Instrumente oder Tonspuren – sogenannte STEMS – separat geteilt werden. Mit dem aufwärts gerichteten und den seitlichen Hochtönern verteilt der Era 300 Musik präzise im Raum, statt einfach zu beschallen. So wirkt es etwa, als flüstere Billie Eilish in «GOLDWING» direkt ins eigene Ohr, während der Chor den Raum füllt. Alternativ lässt FINNEAS' «A Concert Six Months From Now» den Eindruck eines Livekonzerts im Wohnzimmer aufkommen.

Gut hörbar ist der Effekt aber auch im neuen Atmos-Remaster von Daft Punks «Beyond». Hier werden plötzlich mehrere Gitarren hörbar, welche im Stereo-Mix ineinander verschwinden. Atmos kann also entweder als kreatives Stilmittel dienen, oder der Musik schlicht mehr Raum geben, sich auszubreiten.

Dennoch befindet sich Atmos noch in den Kinderschuhen. Aktuell werden viele Alben und Lieder weiterhin nur in handelsüblichem Stereo produziert. Von manchen älteren Stücken gibt es Atmos-Remaster-Versionen. Im Fall von Pink Floyd's «The Dark Side of the Moon» klappt das ganz gut; aber eben nicht immer.

Es ist an den Musikerinnen und Musikern von heute, den neuen Standard aufzunehmen und in Atmos zu produzieren. Wie einst die Beatles und Pink Floyd die Stereo-Epoche anführten, sind heute Billie Eilish, FINNEAS und The Weeknd die Atmos-Vorreiter.

Hinzu kommt, dass Atmos immer noch ein limitiert verfügbares Format ist. So unterstützt Spotify – der weltweit grösste Musikstreamer – weiterhin kein Atmos. Wer den Stereo-Nachfolger selber erfahren will, braucht etwa Apple Music, Amazon Music oder Tidal.

Genug der Musiktheorie und zurück zum eigentlichen Produkt. Der Era 300 teilt sich leider nicht nur seine positiven, sondern auch die negativen Seiten mit dem Era 100.

Namentlich die nach wie vor unübersichtliche und etwas umständliche App. Wer nun auch Atmos-Musik hören will, muss dies durch ebendiese App starten. Direkt aus Apple Music via Airplay oder Bluetooth wird Sound nur in Stereo übertragen.

Abgesehen von diesen Abzügen ist der Sonos Era 300 jedoch ein wirklich gelungenes Produkt. Der Sound macht Spass und Atmos erlaubt ein komplett neues Hör-Erlebnis. Der Startpreis von 499 Franken ist nicht ohne, jedoch meiner Meinung nach stimmig.

Mit dem Era 300 ebnet Sonos tatsächlich ein wenig den Weg für eine neue Ära, die Ära von Atmos. Jetzt ist die Musikindustrie am Ball.