Generation Z lässt sich von Blaumachern beeinflussen

Die Generation Z meldet sich öfter krank. Einige hätten das Gefühl, ihnen stehe eine Anzahl freier Tage fürs Kranksein zu, erklären Experten.

Lehrlinge bei der Arbeit. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Generation Z fehlt öfter bei der Arbeit – vor allem auch aus psychischen Gründen.
  • Gemäss Experten haben einige gar das Gefühl, sie hätten ein «Anrecht» auf Krankheitstage.
  • Sie sehen aber auch die Arbeitgeber in der Pflicht, das Umfeld anders zu gestalten.

Die Generation Z meldet sich bei der Arbeit deutlich öfter krank als andere Generationen. Das bestätigt auch eine neue Studie aus Deutschland. Unter 30-jährige Arbeitnehmende fehlen im Schnitt 19 Tage im Jahr, so die Ortskrankenkasse Rheinland/Hamburg. Die Zahlen in der Schweiz dürften vergleichbar sein.

Der Schweizer Jugendforscher Simon Schnetzer ist nicht überrascht über diese Resultate. Ihm sind mehrere mögliche Gründe für die höheren Krankheitstage bekannt. «Manchmal ist es auch so, dass ‹Kranksein› als der einzige Ausweg aus einer Situation der Überforderung bei der Arbeit erscheint», sagt er zu Nau.ch.

Denn: «Die Personaldecke ist in vielen Betrieben dünn, sodass, wenn ein Mensch ausfällt oder kündigt, die Arbeit für alle verbleibenden extrem belastend und stressig wird.»

Andere Blaumacher als Gradmesser

Andere Experten sehen aber auch Gründe, welche die Generation Z in ein deutlich schlechteres Licht rücken. So sagt etwa der Psychologe Rüdiger Maas vom Institut für Generationenforschung gegenüber der «Hamburger Morgenpost»: «Wenn junge Leute im Schnitt 30 Tage krank sind, eine Person aber erst zehn Tage krank war, dann meint sie manchmal, ihr stünden noch 20 Tage zu. Das ist komplett neu.»

Schnetzer kennt diese Einstellung der Gen Z gegenüber dem Arbeitgeber. Er hat in der Schweiz ähnliche Tendenzen beobachtet. Das Vergleichen mit anderen sei oft vorhanden. «Die machen oder fordern das auch, dann wäre ich blöd, wenn ich es nicht tue. Wenn alle blaumachen, fühlt es sich so an, als wäre es okay, das auch zu tun», erklärt er die Überlegung der jungen Arbeitnehmer dahinter.

Dies treffe aber bei Weitem nicht auf alle jungen Leute zu. «Das hängt stark von der Erziehung und Sozialisierung ab», so Schnetzer. «Wer zum Beispiel in einem Handwerkerbetrieb oder mit einer Landwirtschaft aufwächst, hat hier ein ganz anderes Gefühl, ‹gebraucht zu werden›, als jemand, der/die in der Stadt wohnt und einen Bürojob macht.»

Arbeitgeber müssen sich anpassen

Um vermehrte Krankschreibungen zu verhindern, sehen beide Experten vor allem auch die Arbeitgeber in der Pflicht. Laut Maas müssen sich Unternehmen an die jüngere Generation anpassen, um junge Talente anzuziehen und zu halten. «Arbeitsklima und -zufriedenheit sind die wichtigsten Faktoren für Jüngere», erklärt er.

Auch Schnetzer erklärt: «Der einfachste und wichtigste erste Schritt ist eine Frage: Wann macht Arbeit keinen Spass? Freude bei der Arbeit ist das wirkungsvollste Mittel gegen Kranktage», ist er überzeugt.

Schweizer Unternehmen kennen das Problem

Den Schweizer Unternehmen ist das Problem der vielen Absenzen bekannt. Viele von ihnen haben bereits Präventionsmassnahmen ergriffen, um speziell bei jungen Angestellten Stress und psychischen Erkrankungen vorzubeugen.

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So bietet etwa die Swisscom seit 2021 einen Kurs zur psychischen Gesundheit von Jugendlichen für jene Personen an, die Lernende ausbilden. «Die Teilnehmenden sagen uns, dass das Thema bei ihnen hochaktuell ist», heisst es auf Anfrage.

Auch die Post gibt gegenüber Nau.ch an, «regelmässig zum Thema psychische Gesundheit zu sensibilisieren». Es gebe für Mitarbeitende Schulungen sowie die Möglichkeit, anonym mit der Sozialberatung zu chatten.