Um mehr über das neuartige Coronavirus und was es im Körper anstellt zu erfahren, untersuchen Pathologen nun Covid-19-Leichen. Auch in Basel wird geforscht.
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Ein Obduktionssaal. (Symbolbild) - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Noch ist nicht viel über das neuartige Coronavirus bekannt.
  • In der Schweiz und in Deutschland untersuchen Pathologen deshalb Covid-19-Leichen.
  • Dies führt zu interessanten Erkenntnissen.

Das neuartige Coronavirus stellt Mediziner immer noch vor Rätsel, denn noch ist nicht viel über die mysteriöse Lungenkrankheit bekannt.

Um in Erfahrung zu bringen, was Covid-19 mit dem menschlichen Körper anstellt, untersuchen Pathologen die Coronavirus-Toten.

Schweizer Pathologen haben bereits früh erkannt, wie wichtig solche Obduktionen sind, um mehr über die Seuche zu erfahren. In den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft wurden bereits mehr als 20 Corona-Tote untersucht, wie der «Spiegel» berichtet.

Universitätsspital Basel
Im Universitätsspital Basel setzt man im Sommer auf gekühlte Infusionen. (Archiv) - Keystone

In Deutschland dagegen wurde lange Zeit davon abgeraten «eine innere Leichenschau oder Autopsie» abzuhalten. So mahnte das Robert Koch Institut (RKI) am 24. März. Grund: Es wurde befürchtet, die Toten könnten ansteckend sein.

Erst als sich die Verbände der Pathologen dagegen wehrten, nahm das RKI seine Empfehlung zurück. Seither werden auch in Deutschland Covid-19-Leichen untersucht.

Viele tragen Coronavirus unentdeckt in sich

«Von den Toten lernen wir fürs Leben», sagt etwa Klaus Püschel. Er leitet seit fast 30 Jahren das Institut für Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Er und seine 14 Kollegen haben inzwischen rund hundert Tote untersucht.

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Eine Zelle (grün) mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2, gelb) infiziert. - dpa

Eine seiner wichtigsten Entdeckungen: Viele Personen tragen offenbar das Virus im Körper, ohne es zu merken. «Wir haben eine ganze Reihe von Fällen, die starben, ohne dass bekannt war, dass sie Coronavirus-positiv sind», so Püschel.

Dazu gehören Opfer von Gewalt oder Suizid, sie werden nämlich routinemässig getestet.

«Covid-19 kein Problem für gesunde Bevölkerung»

Laut Püscheler könnten gesunde Menschen das Virus meist ohne Komplikationen besiegen.

«Unser Immunsystem ist die beste Medizin», so der Pathologe. «Im Prinzip ist Covid-19 kein Problem der Kinder und der normalen gesunden Bevölkerung.»

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Ärzte und Pflegepersonal schützen sich mit Gesichtsmasken vor Corona. - Keystone

Wichtiger als das Alter sei der Gesundheitszustand: «Alter allein ist ja keine Krankheit. Bei alten Menschen häufen sich zwar Krankheiten, aber es ist schon relevant, welches Ausmass an Vorkrankheiten vorhanden ist», so Püschel.

«Alle Fälle wiesen Vorerkrankungen auf»

Zu diesem Ergebnis kamen auch die Pathologen aus Basel. Ihre Untersuchungen zeigen: Das Durchschnittsalter der Covid-19-Toten betrug 76 Jahre, die Spannweite ging von 53 bis 96 Jahren.

Besonders auffällig: Keiner der Untersuchten war gesund. «Alle Fälle wiesen Vorerkrankungen auf, in der überwiegenden Zahl mehrere zugleich.» So der Pathologe Alexandar Tzankov vom Universitätsspital Basel zum «Spiegel».

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Eine grosse Zahl der Corona-Toten litt an Übergewicht. (Symbolbild). - dpa

Dazu gehören: Arterielle Hypertonie, schwere Atherosklerose, Herzvergrösserung, Übergewicht und Diabetes. «Alle haben den kleinsten gemeinsamen Nenner, dass sie mit schwerer Fehlfunktion der Blutgefässe einhergehen», so Tzankov.

Risikoprofil betrifft ein Viertel der Population

Davon sei ein grosser Teil der Bevölkerung betroffen, so der Pathologe. «Das Risikoprofil betrifft mindestens ein Viertel der mitteleuropäischen Population», schätzt Tzankov.

Mit zunehmenden Alter betreffe es sogar rund die Hälfte und ab dem 85. Lebensjahr mehr als die Hälfte.

Diese Risikopatienten hätten in vielen Fällen sowieso eine verkürzte Lebenserwartung. Deshalb, könne es sein, dass sich Covid-19 in der Jahresstatistik nicht bemerkbar mache, prophezeit Pathologe Püschel. «Die Gesamtzahl der Toten wird sich unter den üblichen jährlichen Schwankungen verbergen.»

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