Golfstrom verlangsamt sich: Wird es bald kalt in Europa?

Für viele Laien scheint es eindeutig: Der menschengemachte Klimawandel führt dazu, dass sich die Erde stark erhitzt. Es folgen unangenehm hohe Temperaturen, Dürren und Extremwetterereignisse. Doch ein Team von Wissenschaftlern aus den Niederlanden lieferte nun einen Beweis dafür, dass in Europa das Gegenteil geschehen könnte.

Der Golfstrom befördert warmes Meerwasser nach Europa und beschert dem Kontinent dadurch ein mildes Klima. Doch die Strömung könnte sich in Zukunft stark verlangsamen oder sogar zum Erliegen kommen. Das stellten die Forschenden mithilfe eines neuen Klimamodells fest.

Der Kipppunkt des Systems könnte durch einen erhöhten Zustrom von Süsswasser geschehen. Dieser Zuwachs stammt vom Abschmelzen des Eisschildes in Grönland, vom Tauen der innerkontinentalen Gletscher und von vermehrten Regenfällen.

Der Salzgehalt des Meeres sinkt, in Folge auch die Dichte des Wassers, wie der «Tagesanzeiger» berichtet. Im Endeffekt wird weniger Wasser in der Tiefe zurück in den Süden transportiert. Das bedeutet wiederum, dass weniger salzhaltiges Wasser Richtung Norden fliesst. Im Endeffekt kann es dadurch zu einem Erliegen des Wärmetransports kommen.

Sollte dieser Kipppunkt erreicht werden, könnte es drastische Auswirkungen auf unser weltweites Klima geben. In Europa würde es beispielsweise deutlich kühler werden, da der Wärmetransport aus dem Süden ausbleiben würde.

Sollte der Golfstrom vollständig zum Erliegen kommen, könnten wir in Europa keine richtig warmen Sommer mehr erleben. Tatsächlich konnten Wissenschaftler bereits feststellen, dass sich die Strömung in den vergangenen Jahren verlangsamt hat. Bedeutet das, dass uns der Kipppunkt schon unmittelbar bevorsteht?

Diese Frage bleibt in der Studie unbeantwortet. Obwohl das Modell einen möglichen Zusammenbruch zeigt, gibt es keine genauen Vorhersagen darüber, wann dies geschehen könnte.

Trotzdem betonen Experten laut «Tagesanzeiger» die Bedeutung der Studie. Sie zeigt auf, dass das atlantische Strömungssystem weniger stabil sein könnte, als bisher angenommen wurde.

Doch das neue Modell weist auch Schwächen auf. So fehlen laut Nicolas Gruber von der ETH Zürich räumliche Details, die für das Verständnis der Ozeanzirkulation wichtig sind. Andererseits kommt es erst bei sehr hohen Zuflüssen von Süsswasser zum Golfstrom-Kollaps: Sie liegen rund 80-Mal höher als die aktuelle Schmelzrate des Eisschildes von Grönland.

Aus historischen Daten geht hervor, dass es in der Vergangenheit schon mehrmals zu Zusammenbrüchen von Strömungssystemen gekommen ist. Deswegen ist es von grosser Bedeutung, den möglichen Kollaps des Golfstroms weiter zu untersuchen.