Im Kampf um die EU-Kommissionsspitze hat EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber die EU-Parlamentarier davor gewarnt, die eigene Macht freiwillig aufzugeben.
Manfred Weber im Mai in Brüssel
Manfred Weber im Mai in Brüssel - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • CSU-Politiker kämpft weiter um Nachfolge von EU-Kommissionspräsident Juncker.

Jetzt komme es auf die Europaabgeordneten an, sagte Weber der Zeitung «Welt am Sonntag». Er hoffe, «dass die sozialdemokratischen und liberalen Abgeordneten von SPD und FDP zeigen, dass sie zur Parlamentarisierung Europas stehen». Auch aus den Fraktionen des Europäischen Parlaments kam Kritik am Vorgehen der Staats- und Regierungschefs.

Das Europäische Parlament trage als Volksvertretung von 500 Millionen Europäern eine grosse Verantwortung dafür, dass gewichtige Entscheidungen transparent gefällt würden. «Nun ist die Stunde des Parlaments», sagte der stellvertretende CSU-Vorsitzende. «Es wäre ein riesiger Rückschlag, wenn die Entscheidungen in der EU nun wieder in die Hinterzimmer der Diplomaten wandern», warnte der EVP-Fraktionschef.

Auch deutsche Vertreter der Fraktionen im Europäischen Parlament übten scharfe Kritik am Vorgehen der Staats- und Regierungschefs. In einem Gastbeitrag für das «Handelsblatt» warfen Reinhard Bütikofer, Vorsitzender der Europäischen Grünen, und die Vorsitzenden der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Daniel Caspary und Angelika Niebler, den Regierungschefs vor, die europäische Demokratie zu schwächen.

Bei dem Kampf zwischen Rat und Parlament gehe es um viel mehr als persönliche Ambitionen von Kandidaten oder parteipolitische Ränkespiele. «Es geht um die Rolle der europäischen Demokratie» und die «Machtbalance zwischen dem EU-Parlament als Vertreterin des Europas der Bürger und dem Rat als Vertreter des Europas der Mitgliedsländer».

Auch in den Fraktionen der Liberalen und der Sozialdemokraten machte sich Unmut breit. Der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann sagte der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung», das Europäische Parlament müsse aufpassen, «dass es nicht unter die Räder kommt und zum Befehlsempfänger aus den Hauptstädten wird».

Die FDP-Europaabgeordnete Nicola Beer betonte in der «FAS», die Liberalen stünden weiterhin hinter der liberalen Spitzenkandidatin Margarete Vestager. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dessen Partei der liberalen Fraktion im EU-Parlament angehört, hatte in der Nacht zu Freitag gesagt, alle Spitzenkandidaten der grossen Parteien seien aus dem Rennen um die Nachfolge von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Derzeit ringen die Fraktionen im EU-Parlament einerseits und andererseits der EU-Rat, die Versammlung der EU-Staats- und Regierungschefs, um die Nominierung eines Kandidaten. Formal hat der EU-Rat das Vorschlagsrecht, aber der nominierte Kandidat kann nur durch eine Mehrheit im Parlament bestätigt werden. Für eine solche Mehrheit müssten sich jedoch mindestens drei Fraktionen zusammenschliessen.

Weil Webers konservative EVP als stärkste Fraktion aus der Europawahl hervorgegangen ist, reklamiert der Niederbayer den Posten an der Kommissionsspitze für sich. Allerdings ist es ihm bisher nicht gelungen, sich die Unterstützung anderer Parlamentsfraktionen zu sichern.

Beim EU-Gipfel erlitt Weber einen weiteren herben Rückschlag. Die EU-Staats- und Regierungschefs konnten sich am Donnerstag auch nach stundenlangen Beratungen nicht auf einen Nachfolger an der Kommissionsspitze einigen. Es habe «keine Mehrheit für irgendeinen Kandidaten» gegeben, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk. Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte danach auf eine öffentliche Unterstützung des CSU-Politikers verzichtet. Trotzdem hofft Weber noch auf eine Mehrheit im Parlament.

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