Vor der Abstimmung im Europaparlament über die Ernennung Ursula von der Leyens (CDU) zur neuen EU-Kommissionschefin streiten Union und SPD weiter über die Personalie.
Ursula von der Leyen
Ursula von der Leyen - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • CDU-Vize Klöckner wirft Koalitionspartner «schamloses» Verhalten vor.

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner warf dem Koalitionspartner ein «schamloses» Vorgehen vor: «In Berlin koalieren und in Brüssel schamlos gegen Frau von der Leyen wettern - das tut man nicht», sagte die Bundeslandwirtschaftsministerin der Düsseldorfer «Rheinischen Post».

«Die erste Bewährungsprobe des kommissarischen SPD-Führungstrios ist vollkommen danebengegangen», sagte Klöckner weiter. Die Ministerpräsidentinnen und kommissarischen SPD-Chefinnen Malu Dreyer und Manuela Schwesig sollten sich «staatsfraulich verhalten - im Interesse des ganzen Landes». Von der Leyen sei international hoch angesehen. «Es wäre töricht, wenn gerade die SPD aus Deutschland mit zweifelhaften Methoden eine deutsche Kommissionspräsidentin verhindert», sagte Klöckner.

Der CDU-Aussenpolitiker Norbert Röttgen sagte der «Rheinischen Post» und dem Bonner «General-Anzeiger», die von den EU-Abgeordneten der SPD angekündigte Ablehnung der scheidenden Verteidigungsministerin sei ein innenpolitisch motiviertes Verhalten und «eine machttaktische Fehlkalkulation». Gleichwohl betonte Röttgen, eine Ablehnung von der Leyens in der EU-Volksvertretung würde keine Verfassungskrise auslösen. «Das demokratische Institutionengefüge der EU ist hinreichend gefestigt, um mit dem demokratischen Fall einer Nichtwahl einer Kandidatin oder eines Kandidaten umzugehen.»

Das Europaparlament stimmt am heutigen Dienstag über die Ernennung von der Leyens zur neuen Präsidentin der EU-Kommission ab. Im Parlament wird mit einem äusserst knappen Ausgang der Wahl gerechnet.

Die Sozialdemokraten, die mit 153 Abgeordneten die zweitgrösste Gruppe im Parlament stellen, wollen am Dienstag bei einer Fraktionssitzung über ihr Abstimmungsverhalten diskutieren. Bisher ist die Gruppe in der Frage gespalten, vor allem die 16 SPD-Abgeordneten lehnen die CDU-Politikerin strikt ab.

Die kommissarische SPD-Führung aus Dreyer, Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel hatte die Nominierung der CDU-Politikerin kritisiert, weil von der Leyen nicht als Spitzenkandidatin bei der Europawahl angetreten war. Schäfer-Gümbel sagte nun zu «Rheinischer Post» und «General-Anzeiger», das derzeitige «Problem» sei dadurch entstanden, dass die Konservativen in Europa ihrem eigenen Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) die Zustimmung verweigert hätten.

Die SPD wolle Europa demokratischer und transparenter gestalten und halte deshalb am Spitzenkandidatenprinzip fest. «Es wurde eingeführt, damit die Menschen in Europa eine Wahl haben und entscheiden können, wer Europa führen soll», sagte Schäfer-Gümbel.

Der CDU-Europapolitiker Daniel Caspary warf der SPD aber vor, bei dem Thema nicht konsequent zu sein: «Was die SPD sagt und was sie macht, passt in diesem Fall nicht zusammen», sagte Caspary der «Passauer Neuen Presse». Schliesslich habe von der Leyen angekündigt, sich «aktiv» für den Erhalt des Spitzenkandidatenprozesses einzusetzen.

Bei der SPD mehrten sich indes die Rufe, für von der Leyen zu stimmen. Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) sagte der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung», alles andere würde «eine Schwächung der Europäischen Union bedeuten. Und das kann niemand wollen.» Dass von der Leyen keine Spitzenkandidatin bei der Europawahl gewesen sei, könne ihr jetzt nicht zur Last gelegt werden, denn das EU-Parlament sei nicht in der Lage gewesen, einen Spitzenkandidaten durchzusetzen.

Die Düsseldorfer SPD-Oberbürgermeister Thomas Geisel warben in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland ebenfalls für eine Zustimmung für von der Leyen. Es sei «kein schlechtes Signal», wenn mit von der Leyen und der designierten Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, «zwei starke Frauen aus Deutschland und Frankreich an der Spitze der wichtigsten Institutionen der EU stehen».

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