Nach einer zweitägigen Debatte hat das libysche Parlament der Einheitsregierung von Interims-Ministerpräsident Abdul Hamid Dbeibah das Vertrauen ausgesprochen.
Abdul Hamid Dbeibah vor dem Parlament in Sirte
Abdul Hamid Dbeibah vor dem Parlament in Sirte - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Übergangsregierung soll Wahlen am 24. Dezember vorbereiten.

«Wir werden eine Regierung für alle Libyer sein», versicherte Dbeibah nach der Abstimmung am Mittwoch in der Küstenstadt Sirte. Die Übergangsregierung soll gemäss eines UN-Plans Wahlen am 24. Dezember vorbereiten und den zehnjährigen Konflikt in Libyen beenden. Die EU und die USA bezeichneten das Votum als «historisch».

121 der 132 Parlamentsmitglieder stellten sich am Mittwoch hinter Dbeibahs Einheitsregierung. Libyen sei «eins und vereint», sagte der Interims-Ministerpräsident in seiner kurzen Ansprache nach der Wahl. Sein Vorgänger Fajes al-Sarradsch erklärte, er sei «vollends bereit» zur Machtübergabe. Der einflussreiche Parlamentspräsident Aguila Saleh sprach angesichts des klaren Votums von einem «historischen Tag».

Die UN-Mission begrüsste die «patriotischen Bemühungen, die zu diesem Meilenstein in der Geschichte Libyens» geführt hätten. Das Land habe jetzt eine «echte Chance, sich in Richtung Einheit, Stabilität, Wohlstand und Versöhnung zu bewegen und seine Souveränität vollständig wiederherzustellen».

Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) sprach von einem «wichtigen Tag für Libyen». Nach Jahren des Konflikts habe das Parlament den Weg für den weiteren politischen Prozess freigemacht, erklärte er. Die Interimsregierung habe jetzt «die grosse Aufgabe übernommen, landesweite freie Wahlen vorzubereiten». Das Land müsse wieder vereint und «rechtsstaatliche Strukturen errichtet und gestärkt» werden.

Der EU-Botschafter in Libyen, José Sabadell, betonte, die neue Einheitsregierung könne «auf die volle Unterstützung der internationalen Gemeinschaft setzen». Die Versöhnung der Gesellschaft, die Verbesserung grundlegender öffentlicher Dienste und die Vorbereitung der Wahlen seien die «zentralen Herausforderungen» des neuen Kabinetts.

Ähnlich äusserte sich der US-Botschafter in Libyen, Richard Norland. Indem sie Dbeibahs Regierung das Vertrauen ausgesprochen hätten, hätten die Abgeordneten «den Weg für Wahlen bereitet».

Libyschen Medien zufolge soll die neue Regierung am Montag in Bengasi im Osten des Landes vereidigt werden. Doch die Herausforderungen, denen die Übergangsregierung gegenübersteht, sind immens. Libyen befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit steigt und die Inflation ist hoch. Zudem befinden sich in dem Land noch rund 20.000 ausländische Kämpfer und Söldner.

Gegenüber den Abgeordneten bezeichnete Dbeibah die Söldner als «Stich in unseren Rücken». Am Dienstag hatte er angekündigt, die Vereinten Nationen sowie die Herkunftsländer der Söldner kontaktieren zu wollen, um ihren Abzug zu verlangen.

Libyen ist seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 von gewaltsamen Konflikten und Machtkämpfen geprägt. Lange war das Land gespalten in eine Einheitsregierung in Tripolis im Westen und eine Gegen-Regierung im ostlibyschen Tobruk. Seit Oktober gilt in dem nordafrikanischen Land eine fragile Waffenruhe.

Der aus dem westlibyschen Misrata stammende Milliardär Dbeibah war im Februar zum Leiter der neuen Interims-Einheitsregierung bestimmt worden. Sein Kabinett besteht aus zwei stellvertretenden Ministerpräsidenten, 26 Ministern und sechs Staatssekretären. Das Aussen- sowie das Justizministerium werden unter ihm erstmals von Frauen geführt.

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