Trotz ihrer Misserfolge bei den Landtagswahlen beharren SPD und FDP auf ihren Kurs. Man will jedoch die Kommunikation verbessern.
Nordrhein-Westfalen
Der Landtag in Nordrhein-Westfalen. - AFP/Archiv
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Ampel-Koalition in Berlin will trotz der NRW-Wahl ihren Kurs fortsetzen.
  • Die SPD müsse aber laut Vorsitzendem Klingbeil zukünftig besser kommunizieren.

SPD und FDP halten ungeachtet ihrer Misserfolge bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen an ihrem Kurs fest. Auch die Grünen als dritter Partner halten die Arbeit für nicht belastet, wie sie am Montag deutlich machten. Die CDU sieht sich nach ihrem NRW-Triumph auch bundesweit wieder in der Erfolgsspur. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil räumte am Montag zwar ein, dass die SPD ihre Politik künftig besser kommunizieren müsse.

Zur Frage einer Neuausrichtung in der derzeit dominierenden Ukraine-Politik sagte er aber: «Ganz klar: Nein.» Im Wahlkampf habe er Unterstützung für den Kurs der Bundesregierung in dieser Frage erlebt. Bei der Frage nach weiteren Entlastungen der Bürger angesichts steigender Preise wies er darauf hin: Die Regierung habe viele Massnahmen auf den Weg gebracht, die nun nach und nach in Kraft träten. «Erstmal geht es darum, dass wir das, was wir Gutes tun, auch stärker kommunizieren», sagte Klingbeil.

Lars Klingbeil, SPD-Parteivorsitzender, bei einem Pressestatement.
Lars Klingbeil, SPD-Parteivorsitzender, bei einem Pressestatement. - Wolfgang Kumm/dpa

«Das ist für mich die Lehre.» FDP-Chef Christian Lindner sagte: «Die Ampel ist gut für das Land, denn es gibt auch keine handlungsfähige stabile Alternative.» Die FDP müsse zwar ihre Probleme aufarbeiten, im Zentrum stehe aber das Regierungshandeln.

«Wir haben gegenwärtig keine Zeit, uns vertieft mit uns selbst zu beschäftigen, solange es Krise und Krieg gibt», sagte Lindner. «Im Zentrum steht jetzt das Land und nicht kleine oder grössere Geländegewinne für die FDP.» Die Ampel sei zwar nie der «politische Wunschtraum» der FDP gewesen. Die Liberalen seien aber «vertragstreu».

Aufgaben wegen Ukraine-Krieg grösser

Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour nannte die Ampel eine «Koalition der staatspolitischen Verantwortung». Ihre Aufgaben seien mit dem russischen Angriff auf die Ukraine noch einmal gewachsen. Es seien in der Koalition «alles Profis» - «dementsprechend habe ich da keinerlei Sorgen».

Friedrich Merz
Friedrich Merz auf dem Parteitag - POOL/AFP

Für den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz stand am Montag fest: «Seit dem gestrigen Tag ist die CDU wieder zurück auf Platz eins unter den deutschen Parteien.» Merz wies darauf hin, dass rund jeder fünfte Wähler bundesweit im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW lebe. Wer dort Wahlen gewinnen könne, könne das auch in ganz Deutschland. Es handle sich vor allem um einen Wahlsieg von Ministerpräsident Hendrik Wüst und der nordrhein-westfälischen CDU.

Natürlich habe aber auch die Bundespolitik eine Rolle gespielt - «bei der SPD ausgesprochen negativ». Diese habe flächendeckend auf Plakaten mit Bundeskanzler Olaf Scholz geworben, der auch viele Wahlkampftermine absolviert habe. Herausgekommen sei das schlechteste SPD-Ergebnis in Nordrhein-Westfalen nach dem Zweiten Weltkrieg, sagte der CDU-Chef. «Das Wahlergebnis ist eine ganz klare Antwort auch an die Bundesregierung und insbesondere an den Bundeskanzler.»

Der Stimmenanteil der NRW-Wahl

Bei der NRW-Wahl gewann nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis die CDU 35,7 Prozent der Stimmen (2017: 33,0). Zweiter grosser Wahlsieger sind die Grünen, die ihr Ergebnis fast verdreifachten und auf 18,2 Prozent (6,4) kamen. Die SPD sackte auf ihren historischen Tiefstand in NRW von 26,7 Prozent (31,2).

Die bisherige Regierungspartei FDP verlor so viel wie noch nie in NRW und landete bei schwachen 5,9 Prozent (12,6). Die AfD konnte sich mit 5,4 Prozent knapp im Landtag halten (7,4). Die Linke bleibt mit 2,1 Prozent (4,9) draussen. Die Wahlbeteiligung fiel auf ein Tief von 55,5 Prozent.

Nach der Abwahl der schwarz-gelben Koalition deutet nun viel auf eine schwarz-grüne Landesregierung hin. Eine Mehrheit gibt es aber auch für eine Ampel und für eine grosse Koalition. Regierungschef Wüst betonte, er habe einen klaren Regierungsauftrag erhalten. Er werde allen demokratischen Parteien ein Gesprächsangebot machen.

«Wir wollen mit Respekt und Vertrauen ein modernes Zukunftsbündnis schmieden, das Antworten auf die grossen Fragen unserer Zeit gibt.» Grösste Herausforderung sei «die Versöhnung von Klimaschutz und Industrieland».

Schwarz-grüne Koalition

Die Grünen sind sich ihrer Spitzenkandidatin Mona Neubaur zufolge ihrer Verantwortung bewusst. Sie sind auch bereit für «Konstellationen, wo es weite Wege zu gehen gäbe». Gleichzeitig betonte Neubaur: «Für uns gibt es auch mit diesem Wahlergebnis keine Automatismen und keine Ausschlüsse von Koalitionen unter demokratischen Parteien.»

FDP-Spitzenkandidat Joachim Stamp prognostizierte: «Wir werden jetzt in Nordrhein-Westfalen eine schwarz-grüne Koalition bekommen. Es ist klar erkennbar, dass die CDU bereit sein wird, auch für die Wahl des Ministerpräsidenten viele Inhalte zu opfern.»

Thomas Kutschaty
Thomas Kutschaty am Wahlabend. - AFP

SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty gab trotz der Wahlpleite die Hoffnung auf eine Ampel-Regierung unter seiner Führung noch nicht auf. Das «Erstvorschlagsrecht» für Koalitionsgespräche liege zwar beim Wahlgewinner. «Aber auch wir stehen bereit, auch wir bieten den Grünen und FDP Gespräche an, um über eine Regierung zu reden.»

In der AfD wächst der Druck auf Parteichef Tino Chrupalla. Vorstandsmitglied Joana Cotar sprach sich dagegen aus, dass er im Juni noch einmal für den Posten antritt. «Mit Tino Chrupalla endete die Erfolgsgeschichte der AfD, er bildet weder die Partei ab noch überzeugt er Wähler. Darum darf er als Bundessprecher nicht noch einmal antreten», sagte Cotar.

Bei der Linken hält die Vorsitzende Janine Wissler trotz des dritten Wahldebakels in diesem Jahr einen Neuanfang für möglich. Die Krise der Partei sei existenzbedrohend, sagte sie. Aber: «Wir haben es selber in der Hand, uns jetzt auch aus dieser Situation zu befreien.»

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Christian LindnerRegierungschefUkraine KriegWahlkampfRegierungDie LinkeKriegAfDCDUSPD