Im Nationalrat wurden die steigenden Energiepreise und drohende Mangellage im Winter thematisiert. Dabei gab es auch Vorwürfe an den Bundesrat.
Aus dem Nationalrat ertönen angesichts steigender Preise für Energie Hilferufe. (Themenbild)
Aus dem Nationalrat ertönen angesichts steigender Preise für Energie Hilferufe. (Themenbild) - sda - KEYSTONE/PETER SCHNEIDER
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Das Wichtigste in Kürze

  • Im Nationalrat wurden heute die steigenden Energiepreise thematisiert.
  • Alle Fraktionen hatten dringende Interpellationen zu diesem Thema eingereicht.
  • Einige Nationalräte äusserten zudem auch Vorwürfe an den Bundesrat.

Angesichts steigender Preise für Gas und Strom ertönen aus dem Nationalrat nicht nur Hilferufe, sondern auch Vorwürfe an den Bundesrat. Dieser habe trotz sich abzeichnender Krise nicht genügend vorgesorgt. Die Energieministerin und der Wirtschaftsminister kontern.

Sprecherinnen und Sprecher der sechs Fraktionen haben sich am Mittwoch besorgt geäussert über die steigenden Energiepreise. Auch die nicht auszuschliessende Mangellage im kommenden Winter beschäftigte sie. Alle Fraktionen hatten zum Thema dringliche Interpellationen eingereicht.

SP und Grüne fordern Hilfe für Haushalte

SP und Grüne fordern gezielte Hilfen an Haushalte. Aber auch Unternehmen haben sie im Fokus. Gerade die, die viel Strom verbrauchen, diesen im freien Markt beziehen, und Preissteigerungen ausgesetzt sind. «Grossverbraucher sind sehr oft auch grosse Arbeitgeber», sagte Aline Trede (Grüne/BE) dazu.

Aline Trede
Aline Trede, Fraktionsvorsitzende der Grünen, im Gespräch mit Energieministerin Simonetta Sommaruga. - Keystone

Kurzfristig müsste diesen Unternehmen nach der Vorstellung der Grünen zinslose oder kostengünstige und schnell rückzahlbare Darlehen zur Verfügung gestellt werden. Mittel- und langfristig sollten sie die Möglichkeit erhalten, in die Grundversorgung zurückzukehren, aber mit Auflagen.

«Der Bund hat die Axpo gerettet und muss nun auch die Haushalte schützen», sagte Roger Nordmann (SP/VD). Auch die Menschen im Land seien «too big to fail», nicht nur die Axpo, ergänzte Cédric Wermuth (SP/AG). Die SP wünscht sich Sparziele mit Branchenverträgen und Kurzarbeitsentschädigung ohne Karenzfrist wie in der Corona-Krise.

De GLP wolle eine solide Datengrundlage für gezielte Hilfe statt rascher und unspezifischer Massnahmen, sagte Barbara Schaffner (ZH). Da eine «regelrechte Preiskeule» zuschlage, stehe Liquiditätsunterstützung im Vordergrund. Die Schweiz habe es beim Strom zudem selbst in der Hand, für verfügbare Energie zu sorgen.

FDP schlägt Kurzarbeit vor

Die FDP erwarte vom Bundesrat mehr Engagement für eine bessere Integration in den europäischen Strommarkt. Dies betonte Matthias Samuel Jauslin (AG). Wenn Unterstützung vom Bund nötig sei, sollten bestehende Instrumente wie Kurzarbeit genutzt werden, sagte Susanne Vincenz-Stauffaucher (SG). Führe teurere Energie zu weniger Aufträgen, könne dieses Instrument genutzt werden.

Christian Imark (SO) kritisierte namens der SVP einmal mehr die gescheiterte Energiestrategie und die «falschen Konzepte und Prognosen des Bundes». Sein Freiburger Fraktionskollege Pierre-André Page doppelte nach: «Wir spüren keinen Willen, die Krise zu lösen, zum Nutzen von Bevölkerung und Unternehmen.»

Christian Imark SVP
Christian Imark (SVP/SO) während einer Debatte im Nationalratssaal, Juni 2022. - Keystone

Die vom Bundesrat an den Tag gelegte Passivität sei nicht nachvollziehbar, sagte auch Nicolo Paganini (Mitte/SG). Ob Härtefall-Hilfe für KMU oder Entlastung der Bevölkerung: Die Arbeitsgruppen tagten vor sich hin. Der Bundesrat weigere sich rundweg, sich mit Vorschlägen auseinanderzusetzen.

Parmelin: «Noch viel zu tun»

«Es wurde viel gemacht, aber es bleibt noch viel zu tun», hielt Wirtschaftsminister Guy Parmelin dagegen. Der Bundesrat sei sich der Herausforderung bewusst, die die Energiepreise für Private und die Betriebe darstellten. Er unterschätze die Lage nicht und tue alles, was möglich sei, um die Wirtschaft nicht zu gefährden.

Hilfsmassnahmen müssten konkret, gezielt und möglichst ohne Nebeneffekte sein, so Parmelin. Vorschläge müssten genau geprüft werden. Eine Arbeitsgruppe, in der fünf der sieben Departemente der Bundesverwaltung vertreten sind, befasst sich zurzeit mit möglichen Entlastungsmassnahmen. Bis Ende Oktober soll sie Ergebnisse vorlegen.

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Bundesrat Guy Parmelin. - keystone

Der Bundesrat habe sehr viel getan, um die Schweiz für den Winter gut aufzustellen, sagte Energieministerin Simonetta Sommaruga. Doch eine Garantie, dass es nicht zu einer Mangellage für Gas und Strom komme, gebe es nicht.

Sommaruga für Ausbau von einheimischer Energie

Sommaruga plädierte für den raschen Ausbau der Produktion von einheimischer Energie. Für die sichere Versorgung zentral sei der Mantelerlass zur Stromversorgung. Weil der Winter 2023/2024 möglicherweise noch schwieriger werden könnte als der kommende, müsse mehr einheimische Energie produziert und gespeichert werden. «Es braucht mehr Winterstrom und mehr Effizienz.»

Ein Votum für kühlere Temperaturen gab der Rat unmittelbar nach der Debatte ab. Mit 158 zu 20 Stimmen hiess er einen Ordnungsantrag von Andrea Geissbühler (SVP/BE) gut. Sie forderte, den Nationalratssaal in der Wintersession auf noch zwanzig Grad zu heizen. Das spare Energie und zugleich Heizkosten, sagte Geissbühler.

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