Verworfen wirkt die Welt in Lars Beckers prominent besetztem Krimi «Reich oder tot». Nicht nur die Untaten anderer machen hier zwei Hamburger Cops zu schaffen. Es ist das dritte einschlägige Filmgeschehen um Kessel (Fritz Karl) und Diller (Nicholas Ofczarek).
Kessel (Fritz Karl) und Claire (Jessica Schwarz) sind verzweifelt, weil Ruby als Geisel genommen wurde. Foto: Marion von Der Mehden/ZDF/Arte/dpa
Kessel (Fritz Karl) und Claire (Jessica Schwarz) sind verzweifelt, weil Ruby als Geisel genommen wurde. Foto: Marion von Der Mehden/ZDF/Arte/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • «Dieser Laden hier, der stinkt doch von Kopf bis Fuss», sagt Dalida (Narges Rashidi), Ehefrau des dümmlichen Bankräubers Mohammed, zur ermittelnden Staatsanwältin Soraya Nazari (Melika Foroutan).

Sie meint die Hamburger Kriminalpolizisten, von denen sie sich gerade auf dem Behördenflur eine rassistisch-sexistische Bemerkung anhören musste. Doch lässt sich ihre Aussage auch auf die ganze Welt beziehen, die Krimiautor und -regisseur Lars Becker (66, «Nachtschicht») im Film «Reich oder tot» nach einem Roman von Georg M. Oswald vorführt. Arte zeigt die Wiederholung von 2018 am Freitag, 20. März, um 20.15 Uhr.

Die Story wirkt denn auch eher wie ein harter amerikanischer Thriller als wie ein deutscher Fernsehkrimi nach üblichem «Who done it»-Muster. Bei der Produktion von Network Movie, ZDF und Arte handelt es sich zudem um die dritte Episode nach Beckers «Unter Feinden» (2013) und «Zum Sterben zu früh» (2015) mit den Cop-Antihelden Kessel (Fritz Karl, «Wahrheit oder Lüge») und Diller (Burg-Schauspieler Nicholas Ofczarek, «Nightlife»).

Wieder geht es in rasantem Tempo um ein Gespinst verkorkster, fluchender Figuren und ihrer abgründigen Taten vor trüber Grossstadtkulisse. Wobei die Grenze nicht etwa zwischen Polizisten samt deren Familien einerseits und Verbrechern andererseits verläuft. Im Gegenteil: Charakterschwache Beamte verlieren die Skrupel, wenn es ihnen zum Vorteil gereicht. Ohne Rücksicht auf Feind oder Freund.

Dabei sind es Aspekte von Liebe, die den Ex-Junkie Kessel, der nach einer Suspendierung wieder in den Dienst zurückkehrt, antreiben. Er möchte seine Frau Claire (Jessica Schwarz, «Narziss und Goldmund»), die die Scheidung eingereicht hat, zurückgewinnen. Und er möchte die teure OP in den USA bezahlen, damit seine kleine Tochter Ruby (Cya Emma Blaack) von ihrer Epilepsie geheilt wird.

Ausgerechnet Ruby - der Plot wirkt nicht immer überzeugend realistisch - wird gleich zu Anfang von Bankräubern vorübergehend als Geisel entführt. Im Kreditinstitut hat ihre Mutter gerade erfolglos um Geld für ihre Behandlung vorgesprochen. Zu Zeugen des Überfalls werden Kessel und Diller, die nach einem Tipp aus dem Milieu zur Bank gerast sind. Später erschiesst Kessel in Notwehr einen der drei Räuber, als die ihre Beute zählen.

Die zielbewusste Staatsanwältin nimmt ihm das Motiv jedoch nicht ab - und will ihn überführen. Zugleich wollen sich die Komplizen des Toten, der vorbestrafte Mohammed (Sahin Eryilmaz, «Club der roten Bänder») und der junge brutale Randy (Felix Everding, «SOKO Köln»), am Cop rächen. Und dann gibt es da noch die nun übrig gebliebene Beute von 300.000 Euro - die Kessel nur allzu gut gebrauchen könnte.

Delikte wie Ehebruch sowie Drogenhandel um den Gastwirt Luka (Francis Fulton-Smith, «Ein Dorf wehrt sich») runden die effektvoll und mit Schwerpunkt auf den brüchigen Charakteren inszenierte Geschichte nicht gerade ab. Belegen aber ebenso wie das Übrige, wohin sich eine Welt entwickeln kann, die Mass und Mitte verliert. Den klaren Blick scheint sich hier einzig die von Foroutan («Wiener Blut») markant gespielte Staatsanwältin zu bewahren. Die soll denn auch bald zur Oberstaatsanwältin aufrücken.

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