Die Lecks an den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 von Russland nach Deutschland sind nach Einschätzung europäischer Politiker auf Sabotage zurückzuführen.
Lecks
Due Blasen an der Meeresoberfläche - DANISH DEFENCE/AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • «Spiegel»: CIA warnte Berlin schon vor Wochen vor Anschlägen auf Ostsee-Pipelines.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte am Dienstagabend, sie habe mit der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen über «den Sabotageakt» gesprochen. Frederiksen sagte, die Lecks seien durch «vorsätzliche Handlungen» und nicht durch einen Unfall entstanden. Schwedens Ministerpräsidentin Magdalena Andersson berichtete von «Detonationen».

Aus den Pipelines Nord Stream 1 und 2 von Russland nach Deutschland tritt seit Montag an drei Stellen in dänischen und schwedischen Hoheitsgewässern in der Nähe der dänischen Insel Bornholm Gas aus. Die dänische Marine veröffentlichte Aufnahmen, auf denen eine grossflächige Blasenbildung an der Meeresoberfläche zu sehen ist.

Zu einer möglichen Ursache der Lecks lagen von offizieller Seite zunächst keine Angaben vor. Vermutet wird aber ein Sabotageakt. Frederiksen sagte, die klare Meinung der dänischen Behörden sei, dass es sich nicht um einen Unfall handele. Zu möglichen Verursachern äusserte sie sich nicht. Energie- und Klimaminister Dan Jörgensen sagte, die Löcher, durch die das Gas austritt, seien «zu gross», um eine zufällige Ursache zu haben.

Die Leitungen von Nord Stream 1 und 2 sind derzeit zwar nicht in Betrieb, aber mit Gas gefüllt. Kopenhagen gehe davon aus, dass es noch «mindestens eine Woche» dauern werde, bis das aus den Leitungen austretende Methan aufgebraucht sei, sagte Jörgensen.

Schwedens Ministerpräsidentin Andersson sagte, es habe in der Ostsee «Detonationen» gegeben. Ihre Aussenministerin Ann Linde sagte aber, sie wolle nicht «über Motive oder Täter spekulieren».

Von der Leyen erklärte auf Twitter, es sei nun von grösster Bedeutung, die Vorfälle zu untersuchen, um «vollständige Klarheit» über die Geschehnisse und den Hintergrund zu erhalten. Jede absichtliche Unterbrechung der europäischen Energieinfrastruktur sei «inakzeptabel und wird zu der stärksten möglichen Reaktion führen», warnte sie.

Auch die US-Regierung geht Berichten nach, denen zufolge die Lecks «das Ergebnis eines Angriffs oder einer Art Sabotage» sind, wie Aussenminister Antony Blinken sagte. Der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan sagte, Washington unterstütze Forderungen nach einer Untersuchung und werde sich weiter dafür einsetzen, «Europas Energiesicherheit zu gewährleisten».

Der US-Geheimdienst CIA hatte die Bundesregierung einem Medienbericht zufolge schon vor Wochen vor möglichen Anschlägen auf Gas-Pipelines in der Ostsee gewarnt. Ein solcher Hinweis des US-Auslandsgeheimdienstes sei im Sommer in Berlin eingegangen, berichtete der «Spiegel» unter Berufung auf «mit dem Sachverhalt vertrauten Personen». Die CIA reagierte zunächst nicht auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur AFP.

Die Betreiberfirma Nord Stream kündigte eine Untersuchung an, um in Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden die Schäden festzustellen und die Ursachen des Vorfalls zu klären. Derzeit sei nicht abzuschätzen, wie lange es dauern werde, die Pipelines zu reparieren.

Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki sprach von einem «Sabotageakt», bei dem es sich «wahrscheinlich um die nächste Eskalationsstufe» im Ukraine-Konflikt handele.

Der norwegische Militärwissenschaftler und Marineoffizier Tor Ivar Strömmen sagte AFP, für ihn komme nur Russland als Verantwortlicher in Frage. «Lecks an Gaspipelines sind extrem selten», sagte Strömmen. Die Nord-Stream-Leitungen seien zudem recht neu, im Fall von Nord Stream 2 sogar sehr neu. Da bleibe eigentlich nur Sabotage als Erklärung. «Ich sehe nur einen möglichen Akteur und das ist Russland», führte der Offizier aus.

Die Ukraine wurde erwartungsgemäss noch deutlicher: «Das grossflächige 'Gasleck' an Nord Stream 1 ist nichts anderes als ein von Russland geplanter Terroranschlag und ein Akt der Aggression gegenüber der EU», schrieb der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak auf Twitter.

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