Presserat rügt anonymisierte Vorwürfe gegen Imam

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Zürich,

Nach Ansicht des Presserats hat ein «Die Zeit»-Artikel über einen aus Syrien geflüchteten und heute in der Schweiz tätigen Imam den Journalistenkodex verletzt.

Wochenzeitung «Die Zeit»
Ein Artikel der Wochenzeitung «Die Zeit» an einem Kioskstand. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Presserat hat zwei Beschwerden gegen «Die Zeit» gutgeheissen.
  • Die Reportage über einen Iman soll den Journalistenkodex verletzt haben.

Der Schweizer Presserat kritisiert die Berichterstattung der Wochenzeitung «Die Zeit» über einen in der Schweiz tätigen Imam. Gerügt werden besonders unbelegte und anonymisierte Aussagen, die den muslimischen Seelsorger in die Nähe fundamentalistischer Gruppen rücken.

Die Reportage über den aus Syrien geflüchteten und heute in der Schweiz tätigen Imam verletze den Journalistenkodex. Dies teilte der Presserat am Mittwoch mit. Der Muslim war unter dem Titel «Kann man diesem Mann vertrauen?» porträtiert worden, als er an einem interreligiösen Studiengang an der Universität Bern teilnahm.

Anlässlich eines Moscheebesuchs tauchten bei der Autorin offenbar Zweifel auf, ob der Imam so moderat ist, wie er sich gibt. Die Journalistin holte die Meinungen von Dritten ein und zitierte sie anonymisiert.

Dabei deuten einzelne Aussagen eine Nähe des Imams zu extremistischen Haltungen an, wie der Presserat schreibt. Diese werden aber nicht ausgeleuchtet oder belegt. Gemäss Entscheid des Presserats stellt der Artikel «ungerechtfertigte Anschuldigungen in den Raum. Der Artikel rückt den Imam in die Nähe fundamentalistischer Gruppen.

Der Presserat betont zudem, dass bei den meisten Quellen - teils bekannten Fachpersonen - keinerlei Anlass zur Anonymisierung bestanden habe. Weil «Die Zeit» ihre Quellen aber nicht offenlegte, habe die Leserschaft die anonymen Zitate nicht einordnen können.

Tatsachen entstellt

Der Presserat rügt zudem das «Entstellen von Tatsachen» rund um die nachrichtendienstlichen Überprüfungen des Imams. Zwar berichte die Reportage, dass über den Seelsorger keinerlei negative Erkenntnisse vorlägen. Allerdings fehle die Information, dass der Imam vorsorglich selbst um eine - zweite - Überprüfung durch den Nachrichtendienst gebeten hatte. «Die Zeit» erwecke im Gegenteil den Eindruck, dass die Behörden Anlass für die Überprüfung hatten.

Für den Presserat ist unbestritten, dass zur Arbeit von Predigern aller Religionsgemeinschaften kritische Fragen gestellt werden dürfen. Die Fragen seien aber auf der Basis einer schlüssigen Recherche zu beantworten. Der Presserat kommt zum Schluss, dass dies bei der «Zeit-Reportage» nicht der Fall war.

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