Wie bereitet man Menschen auf Katastrophen vor, ohne sie unnötig in Panik zu versetzen? Ein Baustein ist die Warnung vor Gefahren. Das soll an diesem Donnerstag geübt werden.
Ein Bildschirm mit dem Modularen Warnsystem ist auf einem Display beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz zu sehen.
Ein Bildschirm mit dem Modularen Warnsystem ist auf einem Display beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz zu sehen. - Oliver Berg/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Mit einem Appell zum Mitmachen hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) die Menschen in Deutschland auf den bundesweiten Warntag am 8. Dezember eingestimmt.

BBK-Präsident Ralph Tiesler bat am Montag alle Handynutzer, bis Donnerstag die für den Empfang von Warnnachrichten über das neue Cell-Broadcast-System notwendigen Updates durchzuführen. Um Warnnachrichten zu erhalten, müssten Handys zudem eingeschaltet sein und dürften sich nicht im Flugmodus befinden. Wer ein älteres Handymodell nutze, solle auf der Website der Behörde nachsehen, ob dieses Warnnachrichten empfangen könne, bat Tiesler. Viele ältere Handys können das seinen Angaben zufolge nicht.

Mit der Probewarnung, die vom BBK am 8. Dezember um 11.00 Uhr ausgelöst wird, soll überprüft werden, wie gut die technische Infrastruktur funktioniert. Die Entwarnung ist für 11.45 Uhr vorgesehen.

Gewarnt wird auf verschiedenen Kanälen. Die Idee hinter dem sogenannten Warn-Mix: wird die Warnung vor einer Gefahr auf verschiedenen Wegen ausgesandt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch tatsächlich möglichst alle Menschen erreicht.

Erstmals wird das Cell-Broadcast-Verfahren genutzt

Die Warnungmitteilung kommt über Radio und Fernsehen, über Warn-Apps wie NINA, sie wird auf Stadtinformationstafeln zu lesen sein. Zusätzlich werden Sirenen, Lautsprecherwagen, die Infosysteme der Deutschen Bahn und erstmals auch das Cell-Broadcast-Verfahren genutzt. Dabei geht eine Benachrichtigung an jedes Handy, das zu diesem Zeitpunkt Empfang hat.

Wie wichtig die Warnung im Ernstfall sein kann, hatte sich etwa während der Starkregen-Katastrophe im Sommer 2021 auf tragische Weise gezeigt. Damals waren einige Menschen in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz nicht rechtzeitig vor den herannahenden Fluten gewarnt worden. Teilweise wurde zu spät evakuiert, teils weigerten sich Bewohner, ihre Häuser zu verlassen, da sie das Ausmass der Katastrophe unterschätzten.

Die Warnung vor lokalen oder regionalen Gefahren in Friedenszeiten wird nicht vom BBK veranlasst, sondern vor Ort. Das Bundesamt stellt den Ländern und Kommunen dafür lediglich seine technische Infrastruktur zur Verfügung, über die der Bund im Kriegsfall auch – wie jetzt am Warntag – bundesweit warnen kann.

Was nach dem Ende des Kalten Krieges vor allem Fachleute interessierte, ist durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. In der Ukraine gibt es beispielsweise sowohl die Warnung vor Luftangriffen per Sirene als auch über eine Warn-App, die anzeigt, in welchen Gebieten womöglich mit einem Raketeneinschlag zu rechnen ist.

Wie wird die Bevölkerung gewarnt:

- Sirenen gibt es nicht überall in Deutschland. Vielerorts waren sie nach dem Ende des Kalten Krieges abgebaut worden, weil man glaubte, sie nicht mehr zu benötigen. Da hat inzwischen ein Umdenken stattgefunden. Der Bund unterstützt die Länder bei der Aufstellung neuer Sirenen und der Modernisierung alter Sirenen mit einem Förderprogramm. Die Abdeckung ist jedoch noch lückenhaft, so dass am Warntag nicht überall Sirenen heulen werden.

- Fernseh- und Radiosender sollen im Katastrophen- oder Verteidigungsfall ihr Programm für eine Warnung unterbrechen. Das ist auch deshalb wichtig, weil Bürgerinnen und Bürger, wenn sie einen Sirenenalarm hören, konkrete Informationen brauchen, damit sie wissen, wie sie sich in Sicherheit bringen können. Beispielsweise kann es in einer Situation angezeigt sein, im Keller Schutz zu suchen. Bei einer Überschwemmung wird der Keller aber oftmals zur tödlichen Falle. Ihre Teilnahme am Warntag haben mehrere Dutzend öffentlich-rechtliche und private Sender zugesagt.

- Stadtinformationstafeln, wie sie beispielsweise in Berlin an vielen Orten zu finden sind, weisen im Alltag auf Demonstrationen oder Staus hin, ermahnen dazu, mehr Rücksicht auf Radfahrer zu nehmen. Im Katastrophenfall oder bei einem Probealarm soll auf den Leuchttafeln eine Warnung angezeigt werden.

- Warn-Apps wie NINA oder KATWARN ermöglichen eine passgenaue Warnung, bei der auch gleich Handlungsempfehlungen mitgeliefert werden. Allerdings nützt das nichts, wenn jemand kein Smartphone hat, um sich die App herunterzuladen. Auch wenn das Smartphone in der Nacht stumm- oder leisegestellt ist, ist nicht sichergestellt, dass alle App-Nutzer die Warnung auch mitbekommen.

- Cell Broadcast soll diese Lücke schliessen. Das Verfahren, das in etlichen europäischen Ländern bereits genutzt wird, schickt allen Handynutzern, die sich in einer bestimmten Funkzelle aufhalten, eine Warnung. Auch diejenigen, die kein Smartphone verwenden, sollen die Nachricht sehen, die wie eine SMS aussieht und von einem schrillen Alarmton angekündigt wird. Das Handy soll ausserdem vibrieren, das Display blinken. In Deutschland ist dieser Warntag der erste bundesweite Test für Cell Broadcast.

Ersten Probealarm als «fehlgeschlagen» bezeichnet

Beim ersten bundesweiten Warntag am 10. September 2020 war einiges schief gelaufen. Unter anderem kam die Meldung der Warn-Apps Nina und Katwarn erst mit einer guten halben Stunde Verspätung auf den Smartphones an. Wäre es tatsächlich ein Ernstfall gewesen, hätten viele Bürger nichts mitbekommen. Das Bundesinnenministerium hatte den Probealarm deshalb damals als «fehlgeschlagen» bezeichnet. Ein ursprünglich für September 2021 geplanter Warntag war abgesagt worden. Zur Begründung hiess es damals, das BBK baue erst noch eine «umfassende Testlandschaft auf».

«Das BBK ist auf diesen Warntag sehr gut vorbereitet», sagte Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, am Montag in Berlin. Tiesler forderte die Bürgerinnen und Bürger auf, seiner Behörde nach der Probewarnung online zu melden, ob und auf welchem Wege sie eine Warnung empfangen haben. Dadurch könne jeder zum Gelingen des Probealarms beitragen, sagte er.

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