Der russische Angriff auf eine Mall wird international verurteilt. Derweil sterben Zivilisten in Lyssytschansk, während sie für Wasser anstehen.
Feuer nach Raketenbeschuss in Lyssytschansk
Feuer nach Raketenbeschuss in Lyssytschansk - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Russlands Angriff auf eine Mall wird verurteilt und vom UN-Sicherheitsrat thematisiert.
  • In Lyssytschansk sterben Zivilisten, während sie für Wasser anstehen.
  • Selenskyj bezeichnet Russland derweil als «grösste Terrororganisation der Welt».

Russland steht nach dem Raketenangriff auf ein Einkaufszentrum in der Ostukraine mit mindestens 16 Todesopfern international am Pranger. So sprachen die Teilnehmer des G7-Gipfels im bayerischen Elmau von einem Kriegsverbrechen und drohten Kremlchef Wladimir Putin mit Konsequenzen. Präsident Wolodymyr Selenskyj bat nachdrücklich um moderne Luftabwehr-Systeme. Derweil stellte die Ratingagentur Moody's wegen nicht beglichener Schulden bei internationalen Investoren einen Zahlungsausfall Russlands fest.

Am frühen Dienstagmorgen wurden Explosionen in der Stadt Mykolajiw gemeldet, wie Bürgermeister Olexander Senkewitsch im Nachrichtendienst Telegram schrieb. Über Schäden und Opfer wurde noch nichts bekannt. Er rief die Einwohner auf, sichere Orte aufzusuchen.

Brand zerstört Einkaufszentrum nach Raketeneinschlag

In dem Einkaufszentrum in der Stadt Krementschuk hielten sich Selenskyj zufolge mehr als 1000 Menschen auf. Nach dem Raketeneinschlag wurde das Gebäude von Flammen erfasst und brannte weitgehend aus. Auf Videos war zu sehen, dass hauptsächlich nur Betonpfeiler und Metallkonstruktionen stehen blieben.

Kremenchuk
Dunkle Wolken steigen aus dem getroffenen Einkaufszentrum in Krementschuk auf. - Keystone

Die Zahl der bestätigten Toten stieg laut dem staatlichen Rettungsdienst vom Montagabend auf 16 an. Rund 60 Menschen seien verletzt worden, davon die Hälfte schwer, teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft mit. Sie berichtete auch von mehr als 40 Vermisstenmeldungen.

Selenskyj bekräftigt Bitte um Luftabwehr-Systeme

Der Präsident erinnerte daran, dass er bereits vor dem Krieg und direkt nach dem Beginn um Luftabwehr-Systeme gebeten habe. «Die Leute im Einkaufszentrum in Krementschuk verdienten die gleiche Sicherheit wie Leute in jedem Einkaufszentrum der Welt, ob irgendwo in Philadelphia oder Tel Aviv, oder in einer Einkaufspassage in Dresden», sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache.

Ukraine Krieg
Wolodymyr Selenskyj bei einer Medienkonferenz während dem Ukraine-Krieg. - Keystone

Selenskyj: Russland «grösste Terrororganisation der Welt»

Selenskyj bezeichnete Russland nach dem Angriff als «grösste Terrororganisation der Welt». Das müsse auch rechtlich festgestellt werden. «Und jeder auf der Welt muss wissen, dass es bedeutet, Terroristen Geld zu geben, wenn man russisches Öl kauft oder transportiert, Kontakte mit russischen Banken unterhält oder dem russischen Staat Steuern oder Zollabgaben zahlt», sagte Selenskyj.

G7: Putin wird Rechenschaft ablegen müssen

«Willkürliche Angriffe auf unschuldige Zivilistinnen und Zivilisten sind Kriegsverbrechen. Der russische Präsident Putin und die Verantwortlichen werden dafür Rechenschaft ablegen müssen», stellten die Teilnehmer des G7-Gipfels am Montagabend fest. «Der Angriff Russlands auf Zivilisten in einem Einkaufszentrum ist grausam», schrieb US-Präsident Joe Biden bei Twitter.

«Dieser entsetzliche Angriff zeigt erneut, zu welchem Ausmass an Grausamkeit und Barbarei der russische Staatschef fähig ist», sagte der britische Premierminister Boris Johnson am Rande des G7-Gipfels.

Russischer UN-Diplomat spricht von «Provokation»

Der stellvertretende UN-Botschafter Russlands, Dmitri Poljanski, sprach im Zusammenhang mit dem Angriff von einer «neuen ukrainischen Provokation im Stil von Butscha». Moskau hat die vielfach dokumentierten Tötungen ukrainischer Zivilisten im Kiewer Vorort Butscha durch russische Truppen stets als angebliche Inszenierung abgetan. Zu Krementschuk behauptete Poljanski bei Twitter ohne nähere Erläuterung, es gebe «zu viele auffällige Unstimmigkeiten».

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Rettungskräfte suchen in den Trümmern des Einkaufszentrums in Krementschuk nach Überlebenden. - keystone

Acht Menschen in Schlange für Trinkwasser getötet

In einer Schlange vor einem Tankwagen mit Trinkwasser in der ukrainischen Stadt Lyssytschansk wurden bei einem russischen Raketenangriff nach Behördenangaben acht Menschen getötet. Weitere 21 seien verletzt worden, schrieb der Gouverneur des Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, beim Nachrichtendienst Telegram.

Lyssytschansk
Eine Frau geht in der Nähe eines bei einem russischen Luftangriff zerstörten Gebäudes in Lyssytschansk vorbei. - sda

Lyssytschank ist die letzte grosse Stadt in der Region unter ukrainischer Kontrolle. In der Stadt Charkiw wurden nach Angaben des regionalen ukrainischen Befehlshabers Oleg Sinegubow bei russischem Beschuss 5 Zivilisten getötet und 22 weitere verletzt. Unter den Verletzten seien fünf Kinder, schrieb Sinegubow bei Telegram.

Medwedew: Krim ist für immer ein Teil Russlands

Der frühere russische Präsident und heutige Vizechef des russischen Sicherheitsrates Dmitri Medwedew bekräftigte den russischen Anspruch auf die annektierte Halbinsel Krim. «Für uns ist die Krim ein Teil Russlands. Und das ist für immer», sagte Medwedew der Zeitung «Argumenty i Fakty».

Ukraine Krieg
Russische Soldaten marschieren auf der Krim. Die Ukraine will die besetzte Halbinsel zurückerobern. - keystone

Jeder Versuch, die Krim Russland streitig zu machen sei «eine Kriegserklärung an unser Land». Und wenn darin ein Nato-Land involviert wäre: «Dritter Weltkrieg. Totale Katastrophe.» Die zur Ukraine gehörende Krim wurde von Russland 2014 besetzt. Die Annexion wird international nicht anerkannt.

Moody's stellt Zahlungsausfall Russlands fest

Die Ratingagentur Moody's stellte wegen nicht fristgemäss beglichener Schulden formell einen Zahlungsausfall Russlands fest. Konkret gehe es um Zinszahlungen zweier Staatsanleihen, die auch nach Ablauf einer Verzugsfrist von 30 Tagen nicht bei Gläubigern angekommen seien, teilte Moody's mit.

Um eine Pleite im eigentlichen Sinne handelt es sich diesmal nicht. Die Staatskassen sind gut gefüllt, doch durch die westlichen Sanktionen wegen des Kriegs gegen die Ukraine hat der Kreml Probleme, Schulden im Ausland zu begleichen. Deswegen kommt der Zahlungsausfall wenig überraschend. An den Finanzmärkten galt das Risiko schon seit Monaten als fest einkalkuliert und überschaubar.

Das wird am Dienstag wichtig

Am Dienstag wird sich der UN-Sicherheitsrat mit dem Raketenangriff auf das Einkaufszentrum in Krementschuk befassen. Das Treffen um 21 Uhr MESZ wurde auf Bitten der Ukraine anberaumt. Nach dem Bergungsarbeiten dürfte es mehr Klarheit über die Opferzahlen geben. Mit Gesprächen über die neue Weltordnung nach dem Ukraine-Krieg beenden die führenden demokratischen Wirtschaftsmächte den G7-Gipfel auf Schloss Elmau in Bayern. Russlands Präsident Putin reist zu einem Besuch nach Tadschikistan in Mittelasien.

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