Seit zwei Monaten wird im Iran protestiert, es gab hunderte Tote. Deutschland hat den UN-Menschenrechtsrat deshalb angerufen. Zur Sondersitzung reist die oberste Diplomatin Berlins selbst nach Genf.
Bundesaussenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) beim UN-Klimagipfel COP27 in Scharm El Scheich.
Bundesaussenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) beim UN-Klimagipfel COP27 in Scharm El Scheich. - Christophe Gateau/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Deutschlands Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erhöht angesichts der anhaltenden Gewalt gegen Protestierende im Iran den Druck auf Teheran.

Sie wollte heute persönlich im UN-Menschenrechtsrat in Genf sprechen. Dort findet auf Antrag Deutschlands und Islands eine Sondersitzung zum Iran statt. Das Ansinnen wurde von mehr als 50 Ländern unterstützt.

Baerbock will für eine Resolution werben, über die noch am Nachmittag abgestimmt wird. In dem Entwurf wird die Gewalt verurteilt und die Regierung in Teheran wird aufgerufen, die Menschenrechte insbesondere der Frauen zu schützen. Zudem soll eine unabhängige Untersuchung der Vorgänge eingeleitet werden. Dabei soll auch Beweismaterial gesammelt werden, das später bei etwaigen Gerichtsprozessen gegen Verantwortliche für unnötige Gewalt verwendet werden kann.

Iran sagt, Westen mischt sich ein

Der Iran wehrt sich gegen das Vorgehen. Diplomaten haben dem Vernehmen nach alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Mitgliedsländer des UN-Menschenrechtsrats zur Ablehnung der Resolution zu bewegen. Aussenminister Hussein Amirabdollahian sagte gestern nach Angaben von Staatsmedien, die USA, Deutschland, Frankreich und England mischten sich in die internen Angelegenheiten ein. Die Sicherheitskräfte hätten sich bisher zurückgehalten.

Die Resolution können zwar alle 193 UN-Mitglieder unterstützen. Im Rat sind aber nur 47 Regierungen, die darüber abstimmen. Eine einfache Mehrheit an Ja-Stimmen reicht zur Annahme. Enthaltungen spielen dabei keine Rolle. Es gilt als ausgeschlossen, dass der Iran unabhängige Menschensexperten ins Land lassen würde. Viele Untersuchungen werden aber auch von aussen mit der Befragung von Geflüchteten und Augenzeugen durchgeführt.

Menschenrechtler: Mindestens 430 Tote

Seit dem Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini am 16. September gibt es im Iran beispiellose Demonstrationen für mehr Frauenrechte und gegen die Regierung. Amini war wegen eines angeblichen Verstosses gegen die strikte Kleiderordnung von der Sittenpolizei festgenommen worden und starb in Polizeigewahrsam. Nach Angaben der Organisation Human Rights Activists News Agency (HRANA) mit Sitz in den USA wurden seit Ausbruch der Proteste mindestens 430 Menschen getötet, darunter auch 55 Sicherheitskräfte. Sechs Menschen wurden nach der Teilnahme an Protesten zum Tode verurteilt. Tausende wurden verhaftet.

Der neue UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, wollte sich in der Sondersitzung erstmals in seiner neuen Funktion äussern. Der österreichische Jurist hat sein Amt im Oktober angetreten.

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