Giulio Regenis Leiche wurde vor rund zwei Jahren in Kairo gefunden - bis heute ist sein Mord ungelöst. Hat die ägyptische Regierung etwas mit seinem Tod zu tun?
Rätsel Mord Giulio Regeni
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Quelle: Pixabay /  NadineDoerle
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Quelle: Pixabay /  congerdesign
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der 28-jährige Student Giulio Regeni wurde vor zwei Jahren auf den Strassen Kairos gefunden. Doch für was steht er?
  • Gegen das Vergessen des Vorfalles kämpft Amnesty International.

Wir schreiben den 3. Februar 2016. Am Stadtrand von Kairo wird in einem Strassengraben eine Leiche gefunden. Sie ist verstümmelt, zeigt Spuren von Misshandlung und Folter auf. Ausgeschlagene Zähne, unzählige Knochen sind gebrochen, Finger- und Zehennägel ausgerissen, Verbrennungen durch Elektroden und Zigaretten. Ein wüster Anblick. Nicht nur für die Leute, die ihn auffinden, auch der Gerichtsmediziner spricht später von einem ausserordentlich scheusslichen Verbrechen.

Beim Toten handelt es sich um den Italiener Giulio Regeni. Der 28-jährige Student der University of Cambridge, verschwand am 25. Januar. Er hatte sich zum Zeitpunkt seines Verschwindens mit den Strukturen unabhängiger Gewerkschaften in Kairo auseinandergesetzt, die später für seine Doktorarbeit gedacht gewesen wären.

Vom ägyptischen Staat organisiert?

Der Fall sorgt selbst zwei Jahre später noch für grosses Aufsehen. Der Grund: Bis heute sind die Umstände des Mordes nicht aufgeklärt. Zu viele Fragen sind noch ungeklärt. So konnte bis heute eine Beteiligung des ägyptischen Geheimdienstes nicht widerlegt werden. Recherchen der italienischen Zeitungen La Repubblica bewiesen, dass er bis zum Zeitpunkt seines Todes bespitzelt wurde. Besondere Brisanz erlangt diese Erkenntnis mit dem Fakt, dass Regeni nur wenige Kilometer von einer ägyptischen Polizeistation gefunden wurde. Die ägyptische Regierung als Drahtzieher dieses Verbrechens? Diese Anschuldigungen mögen auf den ersten Blick aus der Luft gegriffen zu sein. Erreichen bei Betrachtung der politischen Umstände dieser Zeit jedoch neue Dimensionen.

Ägypten ist zu diesem Zeitpunkt zerrüttet, korrupt, jedenfalls nicht stabil. Der arabische Frühling hat das Land zwar von seinem Langzeitherrscher Hosni Mubarak befreit. Die neuen Führer, die Muslimbrüder, verpassten es aber eine stabile Demokratie auf die Beine zu stellen, waren vielmehr an der Einführung der Schariah interessiert. Diese Entwicklung wurde wiederum vom Militär durch einen Putsch gestoppt. Seither führt der ägyptische General Abdel Fatah El-Sisi das Land mit eiserner Hand. Die Meinungsfreiheit wird regelmässig malträtiert, nach Schätzungen von Amnesty International sind seit El-Sisis Amtsantritt bereits 1700 Kritiker des Präsidenten verschwunden. Aussergerichtliche Hinrichtungen seien nach der Menschenrechtsorganisation keine Seltenheit.

Über eine Involvierung der ägyptischen Regierung liegen keine konkreten Beweise vor. Doch das Vorgehen der ägyptischen Polizei nach Regenis Tod lässt solche Gerüchte aufkommen. Zu lasch, zu nachlässig ging sie bei der Spurensuche vor. Besondere Zweifel kommen auf, als die italienischen Behörden Truppen zur Aufklärung nach Kairo schickt, um in der Folge Hindernisse von allen Seiten vorzufinden. Zeugen scheinen manipuliert, Videomaterial von Regenis Aufenthaltsorten ist auf mysteriöse Weise gelöscht und als die Untersuchenden Metadaten von Telefonanrufen anfordern, werden diese mit der Begründung verwehrt, es widerspreche Ägyptens Verfassungsrecht. Kurz, durch die Verunmöglichung einer seriösen Untersuchung des Falles sind die Vorfälle um Regeni bis heute ungeklärt.

Grosses Aufsehen – für kurze Zeit

Regenis Tod löste für kurze Zeit eine Welle der Solidarität aus. In den sozialen Medien etablierte sich kurz nach seinem Verschwinden der Hashtag #whereisgiulio, an seiner Beerdigung in seiner Heimatstadt Fiumicello fanden sich über 3000 Menschen ein. In ganz Italien waren während Wochen gelbe Banner mit der Aufschrift Verità per Giulio zu sehen. Doch wie so oft versickerte die Geschichte im Alltagsgeschehen.

Giulio Regenis tragischer Tod darf nicht vergessen werden. Dafür kämpft Amnesty International. Auch zwei Jahre nach seinem Tod.

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