Sanna Marin: Politologin erklärt Wirbel um Party-Videos

Wegen Party-Videos geriet Finnlands Regierungschefin in die Schlagzeilen. Politologin Sarah Bütikofer erklärt den Wirbel dahinter.

Sanna Marin musste mit ihrer Partei eine Wahlniederlage einstecken. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Wegen fröhlicher Tanzvideos steht Sanna Marin derzeit in der Kritik.
  • Dabei fällt auf, dass der Shitstorm von vielen rechten Männern stammt.
  • Politologin Sarah Bütikofer erklärt den Wirbel um die Party-Videos.

Finnlands Regierungschefin Sanna Marin geriet in den letzten Tagen mehrmals in die Schlagzeilen. Videos wurden verbreitet, die sie beim ausgelassenen Tanzen und Singen mit Freunden in ihrer offiziellen Residenz zeigen. Trotz breiter Unterstützung – hauptsächlich von Frauen – steht die 36-Jährige seither heftig in der Kritik.

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Twitter/@alkkari_t - Das Party-Video mit Finnlands Premierministerin Sanna Marin wird derzeit heftig diskutiert.

Dabei fällt auf, dass der grösste Shitstorm von jenen Männern stammt, die Marin kürzlich noch als «coolste Politikerin» bezeichneten. Vor wenigen Wochen wurde die junge Frau im Netz gefeiert, als sie ein lässiges Bild von sich an einem Festival veröffentlichte.

Politologin erklärt Verhalten mancher rechten Männer

Politikwissenschaftlerin Sarah Bütikofer ist über dieses Verhalten wenig erstaunt. Gegenüber Nau.ch sagt sie: «Manche der rechts positionierten Männer haben sicherlich ganz generell ein Problem mit gewissen selbstbestimmten Frauen, die ehrgeizig sind und berufliche Erfolge feiern. Da spielt es dann im Konkreten gar nicht mehr so eine Rolle, was diese Frau genau tut, um es ihr vorzuwerfen.»

Hinzu komme bei einigen sicherlich eine generelle Nichtakzeptanz, so Bütikofer. Es sei in der Auffassung mancher Personen so, dass Marin einen Platz einnimmt, der ihr nicht zusteht beziehungsweise «natürlicherweise» einem Mann gehört.

Auch bei einigen Frauen in diese Einstellung feststellbar

Diese Einstellung liesse sich aber nicht nur bei gewissen Männern, sondern auch bei einigen Frauen feststellen. Ändern würde sich das, wenn der Anteil der Staatschefinnen viel höher läge und es keine Seltenheit mehr wäre, wenn ein Staatsoberhaupt eine Frau ist.

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Die Politologin merkt zudem an, dass wir es uns ganz allgemein nicht gewohnt sind, wenn eine Frau Staatschefin ist.

Es gibt zurzeit weltweit nur gut zwei Dutzend Staaten, die von einer Frau geführt werden. Eine junge Frau als Staatschefin ist noch seltener und wird dementsprechend kritisch begutachtet. Zudem wird das Feiern von lustigen Privatpartys nicht mit führenden Politikern und Politikerinnen in Verbindung gebracht.

Auch andere Regierungsspitzen – ob Mann oder Frau – geraten in die Schlagzeilen, wenn sie Einblicke in ihr Privatleben gewähren.

Bütikofer: «In der Regel sind aber die Freizeitaktivitäten halt etwas ‹gesetzter›.» Ein Beispiel: «Frau Merkel beim Wandern oder in der Oper mit Abendkleid ist auch eine Schlagzeile wert, aber weniger ‹skandalös›.»