Koalitionseinigung zu Rüstungsgeschäften stösst auf geteiltes Echo

Die Koalitionseinigung zu Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien stösst auf ein geteiltes Echo.

Für Saudi-Arabien gebaute Patrouillenboote - dpa/AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Amnesty international spricht von «faulem Kompromiss».

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach am Freitag von einem «faulen Kompromiss». Union und SPD hatten sich am Abend zuvor im Grundsatz auf eine Verlängerung des bestehenden Exportstopps verständigt, allerdings sehen Kritiker Hintertüren für weitere Waffenverkäufe.

Konkret beschlossen die zuständigen Regierungsmitglieder von Union und SPD, dass für rein deutsche Geschäfte weitere sechs Monate bis Ende September ein Ausfuhrverbot von Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien gelten soll. Auch sollen nach Angaben der Bundesregierung in diesem Zeitraum keine neuen Exporte genehmigt werden.

Bei gemeinsam mit anderen Ländern produzierten Rüstungsgütern, für die aus Deutschland nur Zulieferungen erfolgen, sollen demnach bis Ende Dezember keine Auslieferungen nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate erfolgen. Beide Länder sind am Jemen-Krieg beteiligt. Hergestellt werden dürfen solche Gemeinschaftsgüter aber schon.

Das Lieferverbot für «endmontierte» Güter werde «Unternehmen zur Auflage gemacht», die an Gemeinschaftsprojekten wie dem Kampfflugzeug Eurofighter beteiligt sind, sagte Vizeregierungssprecherin Ulrike Demmer dazu in Berlin. Gleichzeitig werde die Bundesregierung «auf ihren Wegen Konsultationen mit den Partnerstaaten anstreben». «Wir glauben, dass da ein guter Kompromiss gefunden worden ist», sagte Demmer weiter.

Amnesty-Rüstungsexperte Mathias John nannte den Beschluss dagegen «bestenfalls blauäugig». «Grossbritannien und Frankreich werden sich kaum darauf einlassen, Exporte an Saudi-Arabien und die VAE zurückzuhalten, wenn deutsche Zulieferungen erstmal erfolgt sind», gab er zu bedenken. «Waffenexporte in Krisen- und Konfliktländern müssen in Zukunft ganz ausgeschlossen werden», forderte der entwicklungspolitische Dachverband Venro.

«Die Hintertür, die die Bundesregierung bei den Gemeinschaftsprojekten eingebaut hat, steht sperrangelweit offen», kritisierte auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock im Berliner «Tagesspiegel» (Samstagsausgabe). Weiterhin könnten deutsche und europäische Rüstungsgüter im Jemen-Krieg landen - das sei «absolut inakzeptabel», sagte Baerbock weiter.

«Die Bundesregierung öffnet über Gemeinschaftsproduktionen mit Frankreich und Grossbritannien Waffenlieferungen an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate Tür und Tor», warf auch Linken-Fraktionsvize Sevim Dagdelen Union und SPD vor. Letztlich werde den Ländern die Entscheidung überlassen, in denen die Endmontage stattfinde.

Die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstagsausgaben) berichteten unter Berufung auf Angaben aus Regierungskreisen, die Bundesregierung habe zudem Frankreich Ausnahmen von dem Exportstopp für Gemeinschaftsgüter zugesagt. Demnach dürfe das Land nach Saudi-Arabien etwa darunter das Artillerie-Ortungsradargerät Cobra ausführen, ausserdem Leistungsverstärker für Funkgeräte, Drehkupplungen für Radargeräte und Fahrzeugelektronik für Satteltieflader. Frankreich hatte die restriktive deutsche Haltung zu den Exporten wiederholt scharf kritisiert.

Der CDU-Aussenpolitikexperte Jürgen Hardt verteidigte grundsätzlich Rüstungsexporte mit deutschen Komponenten an Saudi-Arabien. Deutschland müsse die gegenüber seinen EU-Partnern eingegangenen Verpflichtungen einhalten, sagte Hardt im ZDF.Auf die Verlängerung des Lieferstopps hatte in der Koalition die SPD gedrängt.

Nun forderten mehrere SPD-Politiker, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse die Zeit des Moratoriums nutzen, um auf europäischer Ebene restriktivere Rüstungsregeln durchzusetzen. Ziel müsse sein, «bei diesem Thema mit unseren europäischen Partnern zu einer gemeinsamen Position zu kommen», sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND - Samstagsausgaben). SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich wies in den RND-Zeitungen Darstellungen von Unionspolitikern zurück, Deutschland sei wegen seiner Einschränkungen bei Rüstungsexporten in der EU isoliert.