Anti-Trump-Republikaner könnten Biden zum Sieg verhelfen

Der innerparteiliche Widerstand gegen Donald Trump formiert sich. In «Swing States» könnten Anti-Trump-Republikaner den Ausschlag geben.

Matt aus Oklahoma ist überzeugter Republikaner, will aber den Demokraten Joe Biden wählen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Hauptsache nicht Trump: Republikaner machen Kampagne gegen den Kandidaten ihrer Partei.
  • In einigen Bundesstaaten könnten sie Biden zum Sieg verhelfen.
  • Sie warnen, vier weitere Trump-Jahre könnten verheerend sein. Biden sei das kleinere Übel.

Das amerikanische Stimmvolk ist mit der gebotenen Auswahl nicht gerade happy: Die beiden Kandidaten fürs Präsidentschaftsamt sind nicht nur alte, weisse Männer, sondern sehr alte, weisse Männer. Beim Demokraten Joe Biden (81) dürften sich die Reihen schliessen, doch beim Republikaner Donald Trump (77) sieht es anders aus. Mit einer 50-Millionen-Dollar Kampagne warnen republikanisch Wählende vor «four more years» mit Trump.

Überlebt die Demokratie eine zweite Trump-Präsidentschaft?

Schon in den Vorwahlen zeigte sich, dass die Proteststimmen gegen Trump (und meist für Nikki Haley) grosses Potenzial haben. Gemäss Umfragen sind rund 30 Prozent der republikanischen Basis mit dem Ex-Präsidenten unzufrieden. Zwar ist unklar, wie viele tatsächlich im November gegen Trump stimmen werden. Doch in einigen der sogenannten «Swing States» könnten die Anti-Trump-Republikaner den Ausschlag geben.

Ex-Präsident Donald Trump spricht auf seinem Anwesen Mar-a-Lago in Palm Beach, Florida, am 4. März 2024. - keystone

Deshalb wirbt «Republican Voters Against Trump» in diesen Bundesstaaten mit jeweils knappem Wahlausgang auf allen Kanälen. 50 Millionen Dollar, das sind selbst für US-Verhältnisse viel Geld. Geworben wird dabei primär mit selbstgemachten Testimonials von Republikanern, die sich dezidiert gegen Trump aussprechen.

So wie Matt aus Oklahoma, der offen sagt: «Ich hab für Trump gestimmt – war nicht die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe.» Er stehe dazu, aber dieses Mal werde es gefährlich und nichts weniger als die Demokratie stehe auf dem Spiel. «Wir können vier weitere Jahre mit Biden überleben, aber ich weiss nicht, ob wir vier Jahre mit Trump überleben können.»

Einige Tausend Stimmen reichen

Das Ziel der Kampagne mit über Hundert solcher Testimonials sei es nicht, Trump-Fans zu überzeugen, sagen die Kampagnen-Verantwortlichen. Sondern denjenigen einen Ausweg aufzuzeigen, die sich zwar über Joe Biden beschweren, Donald Trump aber für mental instabil halten.

Am Mittwoch 6. Januar 2021 stürmten Trump-Fans das Capitol in Washington. (Archivbild) - keystone

In vielen der Videos wird der Sturm aufs Capitol, den Donald Trump angefacht haben soll, als Auslöser genannt. Aber auch Trumps diktatorische Tendenzen, seine Lügen, fehlende Moral, Rachegelüste, die entwendeten Geheimdokumente, und so weiter.

Die mit Webcams und Handys aufgezeichneten Anti-Trump-Republikaner wirken in ihrer ungeschminkten Art authentisch: Der Bärtige mit Mütze, der Ex-Soldat, die Urgrossmutter, der Kleinunternehmer. Im Hintergrund das übliche Schreibtisch-Chaos, das Gegenlicht aussperrende Rollläden und Wohnzimmerwände in Pastellfarben.

Umfrage

Glauben Sie, dass Donald Trump nochmals US-Präsident wird?

Ja.
42%
Nein.
58%

Ob die sich von Trump abwendenden Republikaner schliesslich Biden, einen dritten Kandidaten oder gar nicht wählen, spielt eine untergeordnete Rolle. Denn in den sechs «Swing States» liegen die Kandidaten oft nur Zehntelprozentpunkte auseinander. Selbst in Pennsylvania mit 13 Millionen Einwohnern machen da nur einige Zehntausend Stimmen den Unterschied. In Arizona waren es 2020 nur rund 10'000, in Georgia knapp 12'000.

Knappe Mehrheit genügt

2020 gingen knapp 160 Millionen Stimmberechtigte wählen. Dass vergleichsweise wenige Stimmen das Zünglein an der Waage spielen können, liegt an den Besonderheiten des US-Wahlsystems.

So verteilten sich bei den Wahlen 2020 die totel 538 Stimmen der Wahlleute: 306 für Joe Biden und 232 für Donald Trump. - Wikimedia/Kingofthedead

Jeder Bundesstaat vergibt eine bestimmte Anzahl an Wahlleuten-Stimmen, gemäss der Grösse seiner Bevölkerung. In den allermeisten Bundesstaaten und in allen «Swing States» gilt das Prinzip «winner takes it all»: Wer die Mehrheit der Stimmen holt, erhält alle Wahlleute-Stimmen dieses Bundesstaats. Prozentual aufgeteilt wird lediglich in Nebraska und Maine.

538 Stimmen sind zu vergeben, womit 270 Stimmen genügen, um als Wahlsieger festzustehen. 16 Stimmen aus Georgia, 20 Stimmen aus Pennsylvania dank ein paar Zehntausend Anti-Trump-Republikanern: Das ist schon ein grosser Schritt zum Gesamtsieg. Aus Wisconsin, Arizona, Nevada und Michigan sind weitere 43 zu vergeben. Fast ein Drittel der benötigten Wahlleute kommt somit aus den «Swing States».