Eigenständige Schweizer Sanktionen sind vom Tisch

Der Nationalrat hat die Revision des Embargogesetzes mit 103 zu 83 Stimmen abgelehnt. Damit folgt er der Linie des Ständerats.

Die Sanktionspolitik war immer wieder Thema bei Friedensdemonstrationen in der Schweiz. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/LAURENT GILLIERON

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Revision des Embargogesetzes ist vom Tisch.
  • Der Nationalrat hat diese mit 103 zu 83 Stimmen abgelehnt.
  • Die Meinungsänderung der Mitte-Partei war für das Resultat ausschlaggebend.

Im Schweizer Sanktionenrecht gibt es keinen Paradigmenwechsel. Der Nationalrat ist am Donnerstag auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt. Er verzichtete auf eine Bestimmung, welche die Verhängung eigenständiger Sanktionen erlaubt hätte.

Mit 103 zu 83 Stimmen folgte er bei der Revision des Embargogesetzes dem Antrag einer knappen Mehrheit ihrer Aussenpolitischen Kommission. Das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmung.

Kehrtwende des Nationalrat

Noch in der Sommersession hatte sich der Nationalrat vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine dafür ausgesprochen. Damit hätte die Schweiz Personen und Entitäten, etwa Unternehmen, eigenständig sanktionieren können. Die Kompetenz dazu hätte der Bundesrat erhalten.

Der Ständerat sprach sich zweimal gegen eigenständige Sanktionen aus, zuletzt in der zweiten Woche der laufenden Herbstsession.

Als entscheidend erwies sich das Umschwenken der Mitte. Bei der ersten Beratung der Revision des Embargogesetzes in der grossen Kammer hatte die Mitte-Fraktion eigenständige Sanktionen noch mitgetragen. Bei der Abstimmung am Donnerstag taten dies nur noch SP, Grüne und Grünliberale.

Elisabeth Schneider-Schneiter von der Mitte-Partei. - keystone

Elisabeth Schneider-Schneiter (Mitte/BL) bekräftigte zwar die Forderung nach einer eigenständigen Sanktionspolitik und kritisierte die grundsätzlich ablehnende Haltung des Bundesrats. Gestützt auf die Verfassung seien eigenständige Sanktionen schliesslich schon heute möglich. Letztlich gehe es nur eine rechtliche Klärung.

Schneider-Schneiter äusserte aber Verständnis für die rechtsstaatlichen Bedenken, die im Ständerat laut geworden waren. Ihre Fraktion werde der Mehrheit folgen, kündigte sie an. Dies geschehe aber in der Erwartung, dass die Frage in anderem Rahmen vertieft geprüft werde.

Gravierende Auswirkungen für die Neutralität

Die Gegnerinnen und Gegner einer Neuregelung argumentierten insbesondere, eigenständige Sanktionen wären mit gravierenden Auswirkungen auf die Neutralität verbunden.

Auch der Bundesrat stellte sich gegen einen Paradigmenwechsel. Wirtschaftsminister Guy Parmelin warnte ein weiteres Mal vor reiner Symbolpolitik. Sanktionen, welche die Schweiz alleine ergreifen würde, wären wenig wirksam und hätten Gegenmassnamen zur Folge.

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Die Befürworterseite wandte dagegen ein, es gehe nicht um Sanktionen gegen Staaten. Insofern bestehe neutralitätsrechtlich kein Problem.

Personenbezogene Sanktionen seien das beste Mittel, um Verletzungen der Menschenrechte zu ahnden, sagte Fabian Molina (SP/ZH). Denn sie träfen nicht die Bevölkerung, sondern gezielt einen Machtklüngel. Angesichts einer immer anarchischer werdenden Staatenwelt habe die Schweiz ein Interesse an der Durchsetzung völkerrechtlicher Regeln.