Ostermeier: Serebrennikow-Urteil geschickter Schachzug

Der Prozess und die Verurteilung von Regisseur Kirill Serebrennikow zu einer Bewährungsstrafe hat auch in Deutschland viele Kulturschaffende empört.

Demonstranten vor der russischen Botschaft Unter den Linden in Berlin. Foto: Annette Riedl/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Leiter der Berliner Schaubühne, Thomas Ostermeier, sieht das Urteil gegen den Starregisseur Kirill Serebrennikow mit gemischten Gefühlen.

«Ich bin zunächst sehr erleichtert, dass sich das Horrorszenario, einen Künstler wie meinen Freund Kirill Serebrennikov in einer Strafkolonie zu wissen, nicht erfüllt hat», erklärte Ostermeier am Freitag nach einer Protest-Demo vor der russischen Botschaft in Berlin.

«Die Freude ist jedoch ambivalent, weil das Gericht zwar das Urteil auf Bewährung ausgesetzt hat, aber die Angeklagten in allen Punkten der Anklage für schuldig befunden hat.»

Serebrennikow bleibt nach einer umstrittenen Verurteilung wegen Betrugs in Freiheit. Ein Bezirksgericht in Moskau verurteilte den 50-Jährigen am Freitag zu drei Jahren Haft - die Strafe wurde aber zur Bewährung ausgesetzt.

Ostermeier hatte für den Regisseur eine Petition (#freekirill) gestartet. Am Freitag sprach er von einem Schachzug der «Gegenseite», der insofern geschickt sei, als dass sich dieses Urteil nicht als «Terrorjustiz» bezeichnen lasse. «Das macht den Widerstand gegen die Bedrohung der Kunstfreiheit in Russland schwerer.» Es sei ein klares Signal für die liberalen Künstler und Künstlerinnen und die Freiheit der Kunst in Russland. Jeder kritische Künstler müsse nun damit rechnen, mit so einem Strafmass bedroht zu werden.

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