«Greenwashing»: Ist die Nachhaltigkeit mehr als nur Marketing?

Firmen werben seit Jahren mit «grünen» Versprechen. Fachleute aus dem Wirtschaftsbereich widersprechen den grossen Tönen der fairen Marken aber oftmals.

Ein Äthiopier mit Baumsetzlingen - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Thema Nachhaltigkeit steht für viele Konsumenten seit Jahren im Vordergrund.
  • Für viele Experten handelt es sich hierbei aber oftmals um «Greenwashing».
  • Umweltorganisationen geben Tipps, wie man bewusster konsumieren kann.

Seit Anfang dieses Jahrtausends wuchsen beinahe 59 Millionen Hektare Wald weltweit auf natürliche Weise wieder zurück. Dies entspricht der Fläche von ganz Frankreich. Zu diesem Ergebnis kam der WWF jüngst in Zusammenarbeit mit «Trillion Trees». Umweltorganisationen freut's, denn natürliche Wälder seien nicht so einfach zu ersetzen.

Das Weltwirtschaftsforum will 1000 Millionen Bäume pflanzen. - Keystone

Aus diesem Grund haben es sich einige Firmen auf die Fahne geschrieben, selbst Bäume anzupflanzen oder entsprechende Organisationen zu unterstützen. Doch wie «green» sind diese Versprechen überhaupt?

Von Bäumen bis zu Bio-Baumwolle

Ein Schweizer Vorreiter in Sachen Bäumepflanzen ist das junge Lenzburger Unternehmen Nikin. Erst 2016 wurde die Fashionmarke ins Leben gerufen. Sie versprechen, pro gekauftem Artikel einen Dollar an «One Tree Planted» zu spenden – und tun dies auch.

Kommunikationsverantwortliche des Unternehmens, Nora Willi, ist sich bewusst: «Bäumepflanzen ist einer von vielen wichtigen Beiträgen. Deshalb möchten wir uns in Zukunft auch gerne breiter engagieren, um Wälder aufzuforsten, zu schützen und zu erhalten.»

Einen ähnlichen Zugang zu Nachhaltigkeit findet auch die spanische Schuhmarke Saye. Hier werden sogar zwei Bäume pro ein Paar Schuhe gepflanzt. Ganz anders macht es die Modekette H&M. Hier kommt ein- bis zweimal im Jahr eine «nachhaltige Kollektion» auf den Markt, alte Kleider können in den Filialen zurückgegeben werden.

«Nachhaltigkeits-Blabla» dient dem Marketing

Christian Fichter ist Wirtschafts- und Konsumpsychologe und schätzt die guten Taten der Firmen als «Nachhaltigkeits-Blabla» zugunsten des eigenen Marketings ein. Das Pflanzen von Bäumen und die Unterstützung von solchen Projekten sei kein Indikator dafür, wie nachhaltig eine Firma sei.

Wirtschafts- und Konsumpsychologe Christian Fichter. - zVg

Firmen sollten in erster Linie nicht Bäume pflanzen, kritisiert Fichter, sondern sich von Beginn weg umweltschonend verhalten. «Erst sollte man im eigenen Garten sauber machen, bevor man sich mit durchsichtigen Marketing-Tricks ein grünes Mäntelchen umhängt.»

Vorsicht sei vor allem dann geboten, «wenn sich diese Firmen das dann auch noch gross auf die Fahne schreiben». Denn «leider» stecke meist Greenwashing dahinter, ist Fichter überzeugt. «Nachhaltigkeit muss durch unabhängige Prüflabels und von externen Experten sichergestellt werden, nicht von der Marketingabteilung.»

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Das ist doch alles «Greenwashing», keine Firma nimmt ihre Versprechen ernst.
67%
Es ist wichtig, dass Firmen sich im Umweltschutz engagieren – auch wenn es nur kleine Schritte sind.
33%

Er erlebt, dass sich die Meinung der Kunden stark spaltet. «Ein Teil der Kunden fühlt sich angesprochen. Aber viele Konsumenten machen inzwischen einen Bogen um solche Firmen – weil sie das penetrante Umweltschutz-Getue dieser Firmen für verlogen halten.»

Greenpeace empfiehlt fünf Schlagwörter

Aber was kann man als Konsument denn sonst tun? Yves Zenger, Mediensprecher bei Greenpeace, gibt Tipps für einen bewussten Konsum. Beispielsweise könne man auch selbst heimische Bäume im Garten anpflanzen.

Greenpeace wirbt für «Zero Waste». - zVg / Greenpeace Schweiz

Und anstatt möglichst «green» zu konsumieren, sollte man weniger und «bewusster» einkaufen. Er hält fest, dass die «Zero Waste»-Vision auf den Pfeilern von fünf Schlagwörtern aufgebaut ist: «Umdenken und achtsam konsumieren, so reduziert man alles wirklich Unnötige.»

Für alle Verpackungsmaterialien gilt das Schlagwort «Reuse», also Behälter, die man wiederverwenden kann und die «an ihrem Lebensende rezykliert werden können. Und natürlich wählen wir für sie auch das umweltfreundlichste Material».