Wohnungsnot: Mieter wollen freiwillig mehr zahlen

Die Wohnungsnot in der Schweiz besteht lediglich in Städten. Sind wir Schweizer, was die Wohnlage angeht, also nur zu anspruchsvoll?

In der Schweiz gibt es im Sommer 2023 deutlich weniger leerstehende Wohnungen als noch im Vorjahr. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Wohnungsnot besteht laut einer neuen Studie vor allem in Städten.
  • Städtische Wohnungssuchende sind darum bereit, auf Parkplatz oder Balkon zu verzichten.
  • Teilweise bieten sie gar einen höheren Mietzins, als offiziell ausgeschrieben.
  • Andere weichen hingegen immer mehr auf ländliche Regionen aus.

Die Wohnungsnot in der Schweiz spitzt sich weiter zu. Der Immobilien-Verwalter IAZI kam kürzlich zum Schluss, dass sich diese Not aber lediglich in den Städten abzeichnet. In der Agglomeration und auf dem Land dürfte kaum davon die Rede sein.

Sind wir Schweizer also schlicht zu anspruchsvoll, was die Wohnungswahl angeht? Nau.ch hat bei verschiedenen Immobilien-Verwaltern nachgefragt.

«Die Wohnlage ist eines der Hauptkriterien bei den Wohnungssuchenden. Hier werden eher wenig Kompromisse gemacht», schreibt «Verit Immobilien» auf Anfrage mit Hinblick auf die Region Chur/Graubünden. Auch Zürcher seien «häufig weniger flexibel, wenn es um die Lage ihres Zuhauses geht.»

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Ja.
22%

In Zug sei die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum allgemein sehr hoch. «Deshalb halten sich die Ansprüche an der Wohnlage eher in Grenzen.» Ähnliches gelte in Biel und Bern.

Viele nehmen drum Abstriche in Kauf. In Biel und Bern sind drum viele Leute bereit, in Altbauwohnungen zu ziehen. «Sie verzichten auch auf einen Balkon oder einen Parkplatz», weiss «Verit».

Wohnungssuchende bieten höheren Mietzins als ausgeschrieben an

Am härtesten hat es, wer in Zürich eine Bleibe sucht. Wer in der Stadt wohnen wolle, «muss eigentlich immer Einschränkungen in Kauf nehmen». Hier geht es auch um Lärm und hohe Mieten. Oder gar das in Kauf nehmen sanierungsbedürftiger Gebäude.

Besonders verzweifelt sind Mieter im Kanton Zug: Weil der Wohnraum sehr knapp ist, «bieten einige Suchende sogar an, einen höheren Mietzins als ausgeschrieben zu bezahlen. Nur, um den Zuschlag für die Wohnung zu erhalten», so «Verit».

«Schweiz wie eine riesige Party, in welcher der Alkohol ausgeht»

Grundsätzlich dürften die Mieten in der Schweiz weiter steigen. Donato Scognamiglio von IAZI erklärt sich die so: «Die Schweiz ist wie eine riesige Party. Man hat alle eingeladen und jetzt geht der Alkohol aus. Trotzdem kommen immer mehr Gäste und der wenige Alkohol wird immer teurer.»

Komme hinzu, dass zu wenig gebaut werde. «Es lohnt sich nicht, weil die Finanzierungskosten rauf sind», so Scognamiglio. «Damit sich das Bauen wieder lohnt, müssen auch die Mieten rauf.»

Für Wohnungssuchende heisst das oft, dass sie auf ländliche Regionen ausweichen müssen. Auch, wenn sie nicht wollen. In St.Gallen etwa ist laut «Verit» ein Trend in der Region um Altstätten und das untere Rheintal zu erkennen.

In Zürich seien alle Regionen, die halbwegs gut an die Stadt angeschlossen sind, hoch im Kurs. «Auch viele Aargauer Gemeinden weisen derzeit tiefere Leerstandsquoten auf.»

In Zug werde zum Teil ins aargauische Freiamt oder ins zürcherische Säuliamt ausgewichen, weil die Mieten dort tiefer sind.

Ein noch extremerer Trend zeichnet sich in den Regionen Biel und Bern ab: «Seit Corona ist eine Landflucht auf dem Wohnungsmarkt spürbar. Kleinere Gemeinden um Solothurn sowie auch zwischen Biel und Bern sind gefragter.»