Lebt ein rechtsextremer Bombenleger aus Italien heimlich in Schweiz?

Ein Italiener, der vor 50 Jahren an einem Bombenanschlag von Rechtsextremen in Italien beteiligt gewesen sein soll, lebt offenbar schon lange in der Schweiz.

Am 28. Mai 1974 kam es im italienischen Brescia zum sogenannten Massaker der «Piazza della Loggia». - Screenshot SRF

Das Wichtigste in Kürze

  • Noch diese Woche beginnt in Italien der Prozess gegen Marco Toffaloni.
  • Er soll vor 50 Jahren für einen Bombenanschlag mit 8 Toten verantwortlich gewesen sein.
  • Nun zeigt sich, dass er offenbar seit Jahrzehnten in der Schweiz lebt.

Am 28. Mai 1974 zündeten Rechtsextreme in der italienischen Stadt Brescia eine Bombe – mitten in einer Demo von Linken. Dabei kamen insgesamt acht Menschen ums Leben und über 100 erlitten Verletzungen.

Heute startet in Italien ein Prozess zum sogenannten Massaker der «Piazza della Loggia». Im Mittelpunkt steht dabei Marco Toffaloni. Dieser soll als damals 17-Jähriger an dem Bombenanschlag beteiligt gewesen sein.

Offenbar ist er in den 1980er-Jahren in die Schweiz geflüchtet und lebt seither hier, wie Recherchen der «RSI»-Sendung «Falò» zeigen. Demnach soll er zuerst in der Region Schaffhausen gelebt und eine italienisch-schweizerische Doppelbürgerin geheiratet haben. Dabei soll er ihren Namen angenommen und die Schweizer Bürgerschaft erhalten haben.

Einwohner von Landquart GR haben ihn seit Wochen nicht gesehen

«Er hatte eine geheimnisvolle Aura, ein bisschen esoterisch. Man sah ihn selten», erzählt eine Person, die ihn damals kannte, in der Sendung. Vielleicht habe Toffaloni an der Universität Zürich studiert. «Aber er arbeitete sicher nicht.»

Der mutmassliche Terrorist soll nach der Scheidung in den Kanton Graubünden gezogen sein. Momentan lebe er noch immer in Landquart GR. Dennoch hätten ihn die Anwohner seit Wochen nicht gesehen.

Der Anschlag in Brescia war laut «SRF» einer von mehreren in den 1970er-Jahren von Rechts- und Linksextremen in Norditalien. Mit der Unterstützung von Geheimdienstoffizieren versuchten Rechtsextreme, eigene Attentate den Linken anzuhängen. Lange war nicht bekannt, dass einige Anschläge von Rechtsextremen durchgeführt worden waren.

Als Schweizer kann er nicht ausgeliefert werden

Beim Anschlag in Brescia vom Mai 1974 war das Ziel eine Demonstration gegen neofaschistische Gewalt. Manlio Milani, dessen Frau an der Demo teilnahm, erinnert sich noch heute an den schrecklichen Moment: «Ich suche zwischen den vielen Körpern verzweifelt nach meiner Frau. Ich finde sie – hoffe, dass sie noch lebt, aber mir wird klar, dass sie schon tot ist.»

Heute kämpft er als Präsident des Opfer-Komitees für die Aufklärung des Anschlags. Und dafür, dass die Verantwortlichen endlich bestraft werden. Der Prozess gegen Toffaloni soll diesbezüglich Licht ins Dunkel bringen.

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Haben Sie gewusst, dass es in Norditalien in den 1970er-Jahren zu mehreren Anschlägen gekommen ist?

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Auch wenn der Angeklagte heute 67 Jahre alt ist, wird ihm der Prozess am Jugendgericht gemacht. Denn zum Zeitpunkt des Attentats war er noch minderjährig. Zu einer ersten Anhörung vor dem Prozess ist der Mann aber nicht erschienen.

Ausserdem ist nicht klar, was bei einer allfälligen Verurteilung passieren wird. Denn als Schweizer kann er nicht ausgeliefert werden. Die Tat ist laut Schweizer Strafrecht nämlich verjährt.