Höhere Entschädigung bei Enteignungen geht in Vernehmlassung
Der Kanton Bern beabsichtigt, bei Enteignungen von landwirtschaftlichem Kulturland höhere Entschädigungen zu zahlen.
Der Kanton Bern soll Eigentümer bei einer Enteignung von landwirtschaftlichem Kulturland höher entschädigen. Der Regierungsrat hat einen entsprechenden Auftrag des Grossen Rates nun als Gesetzesänderung ausgearbeitet. Diese geht in die Vernehmlassung, wie der Regierungsrat am Freitag mitteilte.
Der aus dem Kandertal stammende Grossrat Ernst Wandfluh hatte 2022 im Berner Kantonsparlament einen Vorstoss durchgebracht, der forderte, dass der Kanton Bern bei der Enteignung von Landwirtschaftsland neu mindestens das Dreifache des ermittelten Höchstpreises entschädigt.
Bisher gilt im Kanton Bern im Grundsatz die Regelung, dass enteignete Personen in der Lage sind, mit der Entschädigung angemessenen Ersatz zu beschaffen. Der Kanton bezahlt bei Enteignungen für Kulturland in der Regel zwischen zwei und zehn Franken pro Quadratmeter.
Ein Dorf auf Zeit
Das sei zu wenig, befand der Kandertaler Wandfluh. Im Kandertal liegt auch Mitholz, wo ein altes Munitionslager der Armee geräumt werden soll. Damit das geschehen kann, müssen zahlreiche Personen in Mitholz für lange Zeit oder ganz wegziehen.
Die Sache mit den höheren Entschädigungen hat allerdings einen Haken, denn mit der neuen Regelung verstösst der Kanton Bern wohl gegen die Verfassung. Da hilft es auch nicht, dass der Bund 2021 eine gleiche Regelung eingeführt hat, wie Bern sie möchte.
Das eidgenössische Parlament habe die Neuregelung trotzdem annehmen können, weil es auf eidgenössischer Ebene keine Verfassungsgerichtsbarkeit gebe. Die Kantone hingegen dürften keine Gesetze anwenden, die verfassungswidrig seien, hatte Bau-, Verkehrs- und Energiedirektor Christoph Neuhaus anlässlich der Grossratsdebatte zu Wandfluhs Vorstoss erläutert.
Verfassungsfrage: Ein heikler Punkt
Der Grosse Rat überwies Wandfluhs Vorstoss trotz Bedenken der Regierung. Nun muss ihn die Regierung umsetzen. Eine allfällige Verfassungswidrigkeit der neu einzuführenden Bestimmung sei daher in Kauf zu nehmen, heisst es im Vortrag zur Gesetzesänderung.
Wie auch immer die verfassungsrechtlichen Fragen letztlich geklärt werden, der Regierungsrat schickt die bernische Gesetzesänderung bis am 5. August in die Vernehmlassung.