Abnehm-Werbung: Leserin geriet «durch solche Videos in Essstörung»

Das Werbevideo eines Thurgauer Online-Gyms sorgte für Empörung. Jetzt gibt es sogar noch Ärger wegen Essstörungen.

Mitgründer Filip Mursic in einem seiner Videos. - Screenshot Youtube

Das Wichtigste in Kürze

  • Einem Thurgauer Online-Gym wird Manipulation und Sexismus vorgeworfen.
  • Eine Nau.ch-Leserin richtet sich deswegen direkt an das Thurgauer Unternehmen.
  • Dessen Reaktion sei «so diskriminierend wie die Werbung selbst».

Eigentlich wollen sie Frauen beim Abnehmen unterstützen. Doch ein Thurgauer Fitnessberatungsunternehmen steht wegen seinen Youtube-Videos in heftiger Kritik. Der Vorwurf: Sexismus und Manipulation.

In den Videos heisst es: Für Frauen sei das Schlimmste, was andere über sie denken, wenn sie Gewicht zulegen.

Experten waren entsetzt. «Diese Botschaft ist unglaublich problematisch», sagte Ernährungspsychologin Ronia Schiftan.

Nachdem Nau.ch vergangene Woche darüber berichtet, beschwert sich eine weitere Leserin über das Unternehmen.

K.T.* sei «als Teenager genau durch solche Videos in eine Essstörung geraten», wie sie gegenüber Nau.ch sagt. Deswegen habe sie das Unternehmen wegen ihrer Werbung auf Instagram angeschrieben. Die Antwort des Online-Gyms sei aber «so diskriminierend wie die Werbung selbst», sagt K.

Für Unternehmen ist es «nur» eine Werbung

Nau.ch liegt der Chat-Verlauf vor. K. weist darin das Unternehmen darauf hin, dass deren Werbung «nicht förderlich für ein gesundes Selbstbild von Teenagern und jungen Frauen» sei. Zugleich betont sie, dass sie selbst noch immer ein schwieriges Verhältnis zum Essen habe.

Doch beim Unternehmen spielt man die Essstörungen runter. Die dreiste Antwort an K.: «Kritik sagt immer mehr über sich selbst aus als über andere.»

Noch fataler: Das Gym rät K., «mit sich selbst ins Reine zu kommen», falls sie von der Werbung «getriggert» werde. Denn: «Es ist nur Werbung – nicht mehr und nicht weniger.»

Nau.ch hat «Fit on Time» mit den neuen Anschuldigungen konfrontiert. Mitgründer Filip Mursic rechtfertigt sich. Man gehe «sehr respektvoll mit allen Mitmenschen – welcher Geschlechtszugehörigkeit auch immer — um».

Und weiter: «Es ist für uns nicht nachvollziehbar, weshalb der Fokus des Angebots auf eine weibliche Klientel frauenverachtend sein soll», so Mursic.

Offen für verbesserte Werbestrategie

Ihnen sei bewusst, dass «Essstörungen ein komplexes Phänomen mit körperlichen und psychischen Ursachen sind», so Mursic. An Essstörungen zu arbeiten, sei Bestandteil ihres Coachings, beteuert er.

Dann stellt sich Mursic quer – und kritisiert die von Essstörungen betroffene K. wegen der Ausdrucksweise ihrer «subjektiven Befindlichkeit».

«Fit on Time» richtet sich an «berufstätige und vielbeschäftigte» Frauen, wie das Unternehmen auf ihrer Webseite festhält. - Unsplash

Für Ernährungspsychologin Ronia Schiftan war bereits klar: «Ein solches Video tut niemandem gut.» Dieses sei bereits gefährlich für Menschen mit Körper-Unsicherheiten. «Für Personen mit Essstörungen kann das Video ein Trigger sein.»

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