Idyllische US-Insel versinkt – Bewohner leugnen Klimawandel

Der Klimawandel setzt Tangier Island in den USA massiv zu: Einen grossen Teil ihrer Fläche hat die Insel schon verloren. Die Bewohner bleiben aber entspannt.

Viele Männer auf Tangier Island sind Fischer. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die amerikanische Insel Tangier Island hat bereits zwei Drittel ihrer Fläche verloren.
  • Der steigende Meeresspiegel, angetrieben vom Klimawandel, bedroht die Existenz der Insel.
  • Dies wird jedoch von den mehrheitlich konservativen Bewohnern heftig geleugnet.

Die Idylle von Tangier Island (südlich von Washington DC) ist aufgrund des Klimawandels dem Untergang geweiht. Meeresbiologe David Schulte hat vor einigen Jahren eine Studie durchgeführt – schon 2065 könnte die Insel fast vollständig verschwunden sein. Die Bewohner und Bewohnerinnen wollen davon aber nichts wissen.

Tangier Island liegt zwischen den US-Bundesstaaten Virginia und Maryland, sie umfasst rund drei Quadratkilometer. Der «Spiegel» hat mit dem Bürgermeister und den Bewohnern des Eilands geredet.

«Glaube nicht, dass wir Menschen dafür verantwortlich sind»

James Eskridge (64) ist der Bürgermeister von Tangier und, wie die meisten auf der Insel, Fischer und Supporter von Donald Trump. «Mag schon sein, dass der Klimawandel existiert. Ich glaube aber nicht, dass wir Menschen dafür verantwortlich sind», sagt er. Kalte und warme Winter, die habe es schon immer gegeben, so Eskridge.

James Eskridge ist der Bürgermeister von Tangier Island. - Keystone

Die meisten Ansässigen der Insel sehen das ähnlich, auch wenn dies den Fakten der Wissenschaftler widerspricht. Der frühere Fischer Richard Pruitt sagt: «Gewaltige Fluten hatten wir auch, als ich noch ein Kind war. Ich sehe keinen grossen Unterschied zu damals. Vielleicht fehlen ein paar Zentimeter hier oder da.»

Doch den Berechnungen von Meeresbiologe David Schulte nach sind es viel mehr als einige Zentimeter: Seit 1850 hat die Insel wegen des steigenden Wasserspiegels mehr als zwei Drittel ihrer Fläche verloren. Wenn es so weitergeht, ist Tangier Island im schlimmsten Fall in den nächsten 18 Jahren nicht mehr bewohnbar.

So könnten die rund 400 Einwohner der Insel die ersten Klimaflüchtlinge der USA werden. Auch wenn die Auswirkungen des Klimawandels auf der Insel sicht- und spürbar sind, wollen die Bewohner nichts davon hören: Woran liegt das?

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Schulte zeigt Verständnis: «Die Bewohner sagen, dass die Insel zu Tode studiert wurde. Eine gewisse Resignation kann man ihnen nicht vorwerfen.»