Nach grossem Druck lockert der Bundesrat doch schneller als geplant. Für die SVP missachtet er aber dennoch «die Kantone und parlamentarischen Kommissionen».
Coronavirus Reaktionen
Bundesrat Alain Berset spricht neben Bundespräsident Guy Parmelin, während einer Medienkonferenz des Bundesrates zur aktuellen Lage im Zusammenhang mit dem Coronavirus, am Mittwoch, 24. Februar 2021, in Bern. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Dass der Bundesrat nicht schneller öffne, sei gemäss SVP ein Affront.
  • Die SP begrüsst, dass der Bundesrat «wissenschaftlich abgestützte Öffnungsschritte plant».
  • Die Gesundheitsdirektoren hätten sich eine Öffnung der Gastro-Aussenbereiche gewünscht.

Die SVP hat am Mittwoch erwartungsgemäss mit scharfen Worten den Bundesrat kritisiert. Dass der Bundesrat nicht schneller öffne, sei ein Affront. Die Bevölkerung und Betriebe würden weiter schikaniert.

«Der Bundesrat bleibt stur und missachtet die Kantone und parlamentarischen Kommissionen», hiess es in einer Mitteilung der SVP. Die Mehrheit der Kantone habe ganz klar weitergehende und schnellere Öffnungen als der Bundesrat gewollt.

Marco Chiesa Coronavirus
SVP-Präsident Marco Chiesa zu den Corona-Lockerungsschritten des Bundesrats: «Die Menschen wollen leben. Mit dieser Politik macht der Bundesrat die gesunde Bevölkerung krank.» - keystone

Neben der Gesundheitskommission des Nationalrats habe auch die Wirtschaftskommission des Ständerats für die sofortige Öffnung von Terrassen und Restaurants per 22. März votiert. Das sei eine reine Machtdemonstration und Schikane des Bundesrats. Für diese Entscheidung fehle jede Datenbasis.

FDP: Bundesrat bietet kaum mittelfristige Perspektiven

Auch die FDP findet es unverständlich, dass der Bundesrat die Öffnung von Restaurants und anderen Betrieben nicht auf den 1. März zulässt. Das widerspreche einer Forderung der Mehrheit der Kantone und der Branche. Für weitere Öffnungen ab dem 22. März sehen die Freisinnigen keine Anzeichen.

Die Partei wiederholt deshalb ihre Forderung nach einem klaren Koordinatensystem für die kommenden Monate, wie sie am Mittwoch schreibt. Der Bundesrat biete kaum mittelfristige Perspektiven. Immerhin begrüsst die FDP die Festlegung von Indikatoren.

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Die FDP um Parteipräsidentin Petra Goessi fordert dem Bundesrat auf, ein klares Koordinatensystem für die kommenden Monate vorzulegen. - keystone

Für die Mitte gehen die vorgesehenen Öffnungsschritte «in die richtige Richtung». In welchem Tempo die Lockerungen zu verantworten seien, liege unter Berücksichtigung der epidemiologischen Lage klar in der Kompetenz des Bundesrats.

Die Partei begrüsse erste wesentliche Lockerungen der Corona-Massnahmen ab dem 1. März. Bedauerlich sei allerdings, dass der Bundesrat an der für Familien nicht praktikablen 5-Personen-Regel in Innenräumen festhalte, heisst es in einer Mitteilung vom Mittwoch.

SP begrüsst «vernünftigen Kurs»

Die SP hat es in einer Mitteilung vom Mittwoch begrüsst, dass der Bundesrat an seinem «vernünftigen Kurs festhält» und «wissenschaftlich abgestützte Öffnungsschritte plant». Zusammen mit der Impfkampagne gebe diese Lockerungsstrategie der Bevölkerung eine Perspektive für Frühling und Sommer.

Die Unternehmen erhielten ausserdem mehr Planungssicherheit, schreibt die SP Schweiz. Zu schnelle Lockerungen würden die Fortschritte der letzten Wochen zunichtemachen. Unbefriedigend blieben hingegen die begleitenden Wirtschaftshilfen. Bund und Kantone müssten bei Schliessungen für eine rasche Entschädigung sorgen. Ansonsten sorge dies für berechtigten Unmut.

Mattea Meyer
«Dass der Bundesrat in dieser weiterhin kritischen Situation einen Schritt nach dem anderen tun will, ist sinnvoll. So bleiben wir je nach epidemiologischer Lage flexibel», sagt SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer. - keystone

Auch die Grünen und die Grünliberalen haben sich hinter die vorsichtigen Lockerungsmassnahmen des Bundesrates in der Corona-Pandemie gestellt. Es sei wichtig, dass der Bundesrat vorsichtig und in einzelnen Schritten öffne. Sonst drohe ein Jojo-Effekt, teilten die Grünen mit. Sie fordern aber, dass die Datenlage zu den Ansteckungsorten dringend massiv verbessert werden muss. Es dürfe nicht zu einer Öffnung im Blindflug kommen am 22. März.

Economiesuisse: Lockerungen sind ungenügend

Für den Wirtschaftsdachverband Economiesuisse sind die per 1. März beschlossenen Lockerungen der Corona-Massnahmen ungenügend. Mit ihrem Zögern nehme die Regierung langfristige Schäden in Kauf.

Economiesuisse Massentests
Economiesuisse fordert, dass der Bund die Impfbemühungen verstärkt und endlich auf regelmässige, flächendeckende Tests setzt. - Keystone

Obwohl die Fallzahlen in den vergangenen Wochen deutlich gesunken seien und die Intensivstationen nicht mehr an der Belastungsgrenze seien, verzichte der Bundesrat auf wichtige Öffnungsschritte, schreibt Economiesuisse in einer Mitteilung vom Mittwoch. Kritische Worte findet der Verband unter anderem für die anhaltende Schliessung von Aussenräumen von Restaurants und die Homeoffice-Pflicht.

Gewerbeverband fordert das Ende des Lockdowns

Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) fordert die vollständige Öffnung der Wirtschaft gemäss der Logik des gezielten Schutzes und damit das Ende des Lockdowns. Ausserdem verlangt der SGV «unverzügliche Korrekturen am Härtefallregime».

Bundespräsident Guy Parmelin, rechts, und Bundesrat Alain Berset auf dem Weg zu einer Medienkonferenz des Bundesrates zur aktuellen Lage im Zusammenhang mit dem Coronavirus, am Mittwoch, 24. Februar 2021, in Bern. - keystone

Der Bundesrat ignoriere die Resultate der Vernehmlassung und halte «an seinem zögerlichen und konzeptlosen Massnahmenbündel» fest, schreibt der SGV in einer Mitteilung vom Mittwoch.

Gesundheitsdirektoren unterstützen vorsichtige Öffnung

Die Mehrheit der Kantone stellt sich hinter die vom Bundesrat am Mittwoch beschlossene vorsichtige und schrittweise Lockerung der Massnahmen im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie. Nicht nachgekommen sei die Landesregierung aber der Forderung nach einer Öffnung der Gastro-Aussenbereiche, schreibt die Gesundheitsdirektorenkonferenz.

Die Indikatoren deuteten auf eine Entspannung der Lage, heisst es in einem Communiqué der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK). Auch die Impfungen und das Testen von Personen ohne Symptome gäben Spielraum für eine vorsichtige Lockerung. Angesichts der fragilen Situation sei ein national abgestimmtes Vorgehen ohne kantonale Unterschiede angebracht.

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