Knacknuss für Albert Rösti im Uvek, Augenmerk auf die Nicht-Wechsler: Politologe Claude Longchamp zu alten und neuen Departements-Chefs.
Politologe Claude Longchamp macht mit Nau.ch-Politikchef Matthias Bärlocher eine erste Auslegeordnung, nachdem der Bundesrat die Departementsverteilung beschlossen hat. - Nau.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundesrat hat die Departemente neu verteilt: Claude Longchamp ordnet ein.
  • Die grosse Rochade blieb aus, grosse Aufgaben warten auf Albert Rösti im Uvek.
  • Vielsagend sei auch, wer alles nicht gewechselt habe.

Nach der Ersatzwahl verschwendete der neu zusammengesetzte Bundesrat keine Zeit, um den ersten wegweisenden Entscheid zu treffen. Bereits heute Donnerstag trafen sich die sieben Mitglieder, um die Departemente neu zu verteilen.

Bundesrat
Im Bundesrat kommt es zur Departementsrochade. - Nau.ch

Der frisch gewählte SVP-Bundesrat Albert Rösti übernimmt das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Elisabeth Baume-Schneider wird Vorsitzende des Justiz- und Polizeidepartements (EJPD). Karin Keller-Sutter ihrerseits wechselt vom Justiz- ins Finanzdepartement (EFD).

Rösti wohl mit harzigem Start – mittelfristig aber mit guten Chancen

«Der Anfang wird für die SVP nicht einfach sein», ordnet Politologe Claude Longchamp Röstis UVEK-Übernahme ein. Es sei ein Wahljahr und die SVP habe zum ersten Mal statt Migration oder Europa die Energiepolitik zum zentralen Thema gemacht. Und Albert Rösti müsse wohl gegen eine Nein-Parole antreten. «Als Bundesrat kann er fast nicht anders, als die Position des Parlaments zu vertreten.»

Claude Longchamp zu den Herausforderungen für die neuen Departementschefs und die Hintergründe bei den Nicht-Wechslern. - Nau.ch

Das zweite Problem komme mit einem möglichen Energiemangel auf Rösti zu. «Sollte es irgendwo Versorgungskrisen geben, steht er natürlich jetzt im Fokus. Da war es vorher einfacher, Frau Sommaruga die Schuld zuzuschieben», so Longchamp weiter. Ab jetzt müsse die SVP die Verantwortung dafür übernehmen.

Mittelfristig könnte Rösti bei der Energieversorgung allerdings Akzente setzen. «Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Departement mittelfristig seinen Wünschen und denen der SVP entspricht», so der Experte. Insbesondere bei der Versorgungsneutralität in Bezug auf Technologien, da er dort auf die Unterstützung der FDP setzen könne.

Baume-Schneider mit Mitgefühl im EJPD

Elisabeth Baume-Schneider droht jetzt bei der Migrationspolitik zur Zielscheibe der SVP zu werden. Auch ihr Start werde deshalb nicht einfach, prophezeit Claude Longchamp.

Elisabeth Baume-Schneider Albert Rösti
Die neu gewählten Bundesräte Elisabeth Baume-Schneider und Albert Rösti posieren auf der grossen Treppe in der Halle des Bundeshauses, kurz nach ihrer Wahl am 7. Dezember 2022. - Keystone

«Sehr viel wird davon abhängen, wie sich die Situation mit den Flüchtlingen aus der Ukraine entwickelt.» Da sei bereits heute eine Belastbarkeitsgrenze sichtbar. Deshalb sieht der Politologe hier auch kurzfristig die grösste Herausforderung.

Keller-Sutter, die neue «Spar-Tante» im EFD

Seit der Einführung der Schuldenbremse mit ihrem engen Korsett seine die Möglichkeiten der Finanzminister, eigene Akzente zu setzen, relativ gering. Darum: Wie Ueli Maurer werde auch Karin Keller-Sutter es mit Sparen versuchen.

Karin Keller-Sutter Ueli Maurer
Karin Keller-Sutter gibt das Justizdepartement ab und wechselt ins freiwerdende Finanzdepartement von Ueli Maurer. - Keystone

«Die grossen Brocken sind effektiv bei den Steuerreformen», betont der Politologe. Solche könnten in Zukunft gleich mehrere anstehen. Dort sei dann auch der Spielraum für die neue Departements-Chefin am grössten. Konflikte mit der SP seien hier dann absehbar. Die SP erlebe zwar nicht die erfolgreichste Legislatur, aber bei Steuervorlagen habe sie zweimal praktisch im Alleingang gewonnen, erinnert Longchamp.

Wer nicht wechselt, tritt bald ab

In vier der fünf bisherigen Bundesräte bleiben in ihrem Departement. Ob solche Stabilität den jeweiligen Departement gut tun, sei umstritten. Auch Wechsel böten Vorteile, so Longchamp, aber auch Phasen der Instabilität und Entscheidungschwierigkeiten: «Ich würde sagen, das ist etwa fifty-fifty.»

Eindeutiger liegt der Fall für Longchamp aber auf der Ebene der Personen. «Man kann sagen, wer das Departement jetzt nicht gewechselt hat und schon länger im Departement ist, irgendeinmal möglicherweise das Departement verlässt. Beziehungsweise: Den Bundesrat verlässt.» Als erstes denke man da an Alain Berset, dann an Guy Parmelin, aber bald auch an Viola Amherd und Ignazio Cassis.

Bundesrat genehmigt Swissmedic Ziele
Der neu zusammengesetzte Bundesrat, von links, Bundespräsident Ignazio Cassis, Alain Berset, Guy Parmelin, Viola Amherd, Karin Keller-Sutter, die neugewählten Albert Rösti und Elisabeth Baume-Schneider, sowie Bundeskanzler Walter Thurnherr. - Keystone

Spätestens bis in vier Jahren werde diese Diskussion aufkommen. Viola Amherd könne sich nun mit der neu im VBS angesiedelten Cybersicherheit profilieren. Ignazio Cassis biete sich eine gute Profilierungsmöglichkeiten in den nächsten zwei Jahren im Uno-Sicherheitsrat.

Beide könnten jeweils mit einer guten Leistung in der nächsten Legislatur schon bald sagen: «Okay, das war der Höhepunkt meiner Karriere. Ich habe das geleistet, das wird man mir dauerhaft anrechnen. Und das wars dann.

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