Gala mit Grandezza oder höllisches EM-Spektakel? In einem Fünf-Sterne-Viertelfinale will Italiens Oldie-Abwehr die Super-Offensive der Roten Teufel stoppen. Belgien bangt um seinen Topstar.
Die Italiener um Lorenzo Insigne (r) und Ciro Immobile wollen ins EM-Halbfinale. Foto: Alberto Lingria/Pool Reuters/AP/dpa
Die Italiener um Lorenzo Insigne (r) und Ciro Immobile wollen ins EM-Halbfinale. Foto: Alberto Lingria/Pool Reuters/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Belgiens Goldene Generation gegen die neue Squadra Azzurra, die Super-Offensive um Romelu Lukaku gegen Italiens Rekordabwehr - das Münchner Fünf-Sterne-Viertelfinale verspricht ein grosses Fussball-Spektakel zweier Turnier-Favoriten.
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«Ich erwarte den Sieg und nichts anderes. Wir sind Wettbewerbstiere», tönte der belgische BVB-Star Thomas Meunier. Aber auch Italiens Trainer Roberto Mancini kündigte selbstbewusst an: «Wir wollen unser Spiel spielen. Wir sind uns unserer Stärken bewusst.»

Der Weltranglistenerste Belgien um den angeschlagenen Kevin De Bruyne will nicht wie schon bei der WM 2018 wieder kurz vor dem Endspiel scheitern. Die von Trainer-Beau Roberto Mancini zurück in die Weltspitze geführten Italiener freuen sich am Freitag (21.00 Uhr/ZDF und Magenta TV) auf ihre grosse EM-Reifeprüfung - und das in dem Land ihres letzten grosses Triumphes.

15 Jahre nach dem WM-Titel in Deutschland und drei Jahre nach der verpassten Weltmeisterschaft in Russland zählt die Squadra Azzurra wieder zu den Topkandidaten auf den Titel. Und wer, wenn nicht die schier unbezwingbare Methusalem-Abwehr um Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci, soll die exquisite Tormaschinerie um Lukaku, De Bruyne und die Hazard-Brüder stoppen?

Chiellini wieder fit

Die Rekord-Zeit von 1169 Minuten ist das Team zuletzt ohne Gegentor geblieben, Chiellini ist nach seiner Muskelverletzung rechtzeitig wieder fit. «Wir alle werden bereit sein, ohne unser Spiel aufzugeben», kündigte der Kapitän an, der vor dem Duell mit Lukaku «gut schlafen» wird. «Es wird die Mannschaft gewinnen, die weniger Fehler macht. Wir haben grosse Lust, noch sehr weit zu kommen.»

Dafür vertraut Italien besonders auf die Taktik von Mancini, der die Azzurri nach tristen Jahren wieder zu einem Titelkandidaten formte. Als einstiger Weltklasse-Angreifer weiss der 56-Jährige wie sein Teammanager und einstiger Sturmpartner Gianluca Vialli nur zu gut, wie man Angriffe stoppt. «Wir wissen, dass wir gegen die vielleicht derzeit beste Mannschaft in Europa spielen», sagte Mancini. «Es wird ein schwieriges Spiel, aber wir werden versuchen, es zu gewinnen.»

Zuletzt feierte seine Mannschaft zwölf Siege in Serie und stellte mit 31 Spielen ohne Niederlage einen italienischen Rekord auf. «Das ist eine Herausforderung, auf die wir uns freuen», sagte Belgiens Coach Roberto Martinez, für den das Duell mit Mancini, den er aus gemeinsamen Zeiten in der Premier League kennt, ein besonderes ist.

Mit je vier Siegen aus vier Partien sind die beiden Teams bislang durch das Turnier marschiert, haben offensiv wie defensiv überzeugt. Belgien vertraut auch gegen Italien voll auf seinen Torgaranten Lukaku. «Wir haben den Vorteil, dass wir ihn aus der Meisterschaft kennen», sagte Ciro Immobile über den Profi von Inter Mailand, der bislang aber vor allem in den Vorrunden grosser Turniere seine Treffsicherheit unter Beweis gestellt hat. Ein Treffer in einem K.o.-Spiel gelang ihm nur bei der WM 2014 beim 2:1 gegen die USA im Achtelfinale. «Das wird eine schöne Schlacht», versprach Immobile.

Italien mit offensiver Wucht

Die schnellen und dribbelstarken Aussen der Azzurri sollen nun auch Belgiens ebenfalls nicht mehr ganz junge Abwehr in Schwierigkeiten bringen. Im Sturmzentrum will der frühere Dortmunder Immobile seine Bilanz von bislang zwei Turniertoren weiter aufbessern. Mit neun Treffern haben die Azzurri ihre offensive Wucht bei dieser EM bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt. «Wir wissen, dass wir uns keine Fehler erlauben dürfen», sagte Mittelfeldspieler Jorginho. «Der grösste Fehler wäre es, zu denken, wir hätten schon etwas erreicht.»

Für die wohl talentierteste Generation belgischer Fussballer ist diese EM die möglicherweise letzte Chance auf den grossen Titel-Coup. 2018 war sie als WM-Dritter bereits nah dran, 2016 folgte auf ein 0:2 gegen Italien zum Auftakt das Aus im EM-Viertelfinale. «Mit unserem Kader können wir mit jedem Land mithalten», sagte Meunier. Auch Dries Mertens kündigte selbstbewusst an: «Ich will das Turnier gewinnen.»

Einsatz von De Bruyne offen

Zum Wettlauf gegen die Zeit wird die Frage, ob die beim 1:0 im Achtelfinale gegen Europameister Portugal angeschlagen ausgewechselten De Bruyne und Eden Hazard rechtzeitig fit werden. Am Donnerstag trainierten beide nicht mit der Mannschaft, sondern nur individuell. «Wir haben noch 24 Stunden und sind positiv gestimmt», sagte Belgiens Nationaltrainer Roberto Martinez. «Wir wissen, dass wir gegen die Zeit spielen. Wir werden bis zur letzten Minute warten müssen.»

Einen Eden «in Topform» brauche man, sagte Thorgan Hazard über seinen Bruder. Fällt Eden aus, dürfte der Dortmunder Thorgan noch wichtiger für das Team werden. Gegen Portugal gelang dem 28-Jährigen, der mit Meunier und dem nach einem Riss der Achillessehne wieder erstarkten Axel Witsel die belgische BVB-Fraktion bildet, der 1:0-Siegtreffer. «Wir wollen dem Spiel unseren Stempel aufdrücken», betonte Witsel.

Als zusätzlichen Trumpf könnte sich für die Azzurri in dem umkämpften Duell die Unterstützung von den Rängen erweisen. In München leben mehr Italiener als in jeder anderen Stadt Deutschlands. Tausende Tifosi wollen in Monaco di Baviera eine riesige Party feiern - wie auch beim WM-Triumph 2006. «Azurblaues München. Spritz und Pizza, die Jagd auf die Tickets beginnt», titelte die «Gazzetta dello Sport».

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

BELGIEN: 1 Courtois - 2 Alderweireld, 3 Vermaelen, 5 Vertonghen - 15 Meunier, 8 Tielemans, 6 Witsel, 16 T. Hazard - 7 De Bruyne, 10 E. Hazard - 9 Lukaku

ITALIEN: 21 Donnarumma - 2 Di Lorenzo, 19 Bonucci, 3 Chiellini, 4 Spinazzola - 18 Barella, 8 Jorginho, 6 Verratti - 14 Chiesa, 17 Immobile, 10 Insigne

Schiedsrichter: Slavko Vincic (Slowenien)

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