Auf einer Berner Raststätte an der A1 treffen sich Männer für anonymen Sex. Auch Familienväter. Bei Nau.ch packt nun einer der Männer aus.
Raststätte Oberbipp-Nord Sex
Auf der Raststätte Oberbipp-Nord BE kommt es immer wieder zu Sex. Nach dem Ausbau der A1 soll dieser Treff der Vergangenheit angehören. - Screenshot Google Street View

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit Jahrzehnten sorgt eine Berner Autobahnraststätte wegen Sextreffen für Stunk.
  • Im Zuge des Ausbaus der A1 soll der beliebte Schwulentreff nun verschwinden.
  • Einer der Männer erklärt nun bei Nau.ch: Der Sex werde sich bloss verlagern.
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Bald wird hier die Suche nach anonymem Sex schwieriger. Mit dem geplanten Ausbau der A1 auf sechs Spuren soll der Schwulentreff auf dem Rastplatz Oberbipp-Nord BE verschwinden.

Denn: Auf den dortigen düsteren Toilettenanlagen gehen seit Jahrzehnten Männer ein und aus, um sich gegenseitig zu befriedigen. Bei den Anwohnenden ist die Entrüstung gross.

Manch einer wurde unfreiwilliger Zeuge von den sexuellen Aktivitäten oder wurde durch die anzüglichen Kritzeleien im WC irritiert.

Raststätte
Auf dieser Raststätte in Oberbipp kommt es seit Jahrzehnten zu Sextreffen.
Raststätte
Bei Anwohnenden und der Gemeinde sorgt diese seit Längerem für Stunk.
Raststätte
Im Zuge des Ausbaus der A1 soll der beliebte Schwulentreff nun verschwinden.
Raststätte
Die konkreten Pläne sind aber noch nicht bekannt.
Raststätte
Einer der Männer erklärt: Der Sex wird damit nicht verschwinden.

Im Jahr 2011 wandte sich die Gemeinde an den Bund. Dieser solle gegen den «Schandfleck» vorgehen. Nun kommt Bewegung in die Sache.

Ab Mitte 2028 sollen die Gebäude auf dem Rastplatz abgerissen werden. Für die Zeit danach soll ein neues Konzept für die Raststätte erarbeitet werden, wie das «Langenthaler Tagblatt» kürzlich berichtete.

Wie genau dieses aussehen soll, ist unklar. Wahrscheinlich werden die Toiletten aber offener und direkter gestaltet. Unisex-Toiletten statt geschlechtergetrennten Kabinen sollen eine zusätzliche Hürde darstellen.

Familienväter suchen den schnellen Sex

Nau.ch hat mit einem der Männer, die auf dem Rastplatz Oberbipp-Nord verkehren, sprechen können. Dieser will anonym bleiben. Wir geben ihm darum das Pseudonym Pedro.

Pedro erklärt: «Von den Leuten her ist die Mischung sehr verschieden. Aber in der Regel sind es ältere Männer, die zu Sextreffen auf Rastplätzen kommen.» Die Altersklasse sei im Schnitt 40 plus.

Die Treffen seien häufig von kurzer Dauer. «Des Öfteren sind es auch Familienväter, die kurz auftauchen und den schnellen Sex suchen.»

Hattest du schon einmal ein anonymes Sextreffen?

Warum man sich nicht privat treffe, sei daher naheliegend. «Gewisse haben nicht die Möglichkeit, es zu Hause zu machen.»

Einen besonderen Reiz hätten die Treffen nicht. «Es geht wirklich nur um schnellen Sex», sagt Pedro. Er warnt aber: «Es gibt immer auch Gefahren. Und manche Männer denken wohl manchmal nicht mehr daran, dass sie sich noch in der Öffentlichkeit befinden.»

Er glaubt nicht, dass nach dem Umbau die Sextreffen auf der Raststätte verschwinden werden. «Dann werden die Treffen einfach nachts neben den Parkplätzen stattfinden», prophezeit er.

44 Prozent der schwulen Männer haben selten bis regelmässig anonyme Sextreffen

Anonyme Sextreffen finden nicht nur in Oberbipp statt.

Eine kürzlich durchgeführte Studie unter knapp 1500 schwulen, bisexuellen und queeren Männern zeigte unter anderem Folgendes: Drei Prozent suchen regelmässig anonyme Sextreffen auf, fünf Prozent oft, zwölf Prozent manchmal und 23 Prozent selten. Die grosse Mehrheit (56 Prozent) hat «nie» angegeben.

Die Treffen in der Öffentlichkeit werden unter dem Begriff «Cruising» zusammengefasst. Die Zahlen beinhalten aber auch Treffen in sogenannten Darkrooms.

Dabei handelt es sich um extra für Sextreffen eingerichtete Räume in Klubs. Aussenstehenden sind diese nicht zugänglich. Die Treffen können daher im Gegensatz zu öffentlichen Räumen nicht belästigt werden.

Die Studie hält ebenfalls fest, dass Besuche an solchen Lokalitäten mit dem Alter zunehmen.

Roman Heggli
Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross. - zVg

Gehören diese Treffen irgendwann der Vergangenheit an? Nein, sagt Roman Heggli, Geschäftsführer von Pink Cross, gegenüber Nau.ch.

«Sie sind eine Realität. Diese Treffen wird es immer geben», so Heggli.

Auch weiterhin Sex im öffentlichen Raum

Er sagt: «Die Situation ist zwar sicherlich nicht ideal. Die Treffen sollten von der Gesellschaft aber auch nicht verteufelt werden.»

Heggli mahnt: «Repression bringt hier wenig. Man wird immer Wege finden, dass es weiterhin zu solchen Treffen kommen wird.»

Wichtig sei beim Thema gegenseitiger Respekt. «Sowohl die Bedürfnisse der Männer als auch jene der Aussenstehenden müssen beachtet werden.» Dafür werde seit Jahren Präventions- und Aufklärungsarbeit in der Community geleistet.

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