Eine russische Bodenoffensive in der Region Charkiw prägt die neusten Entwicklungen im Ukraine-Krieg. Experten erklären, was das Ziel des Kremls ist.
Putin Ukraine Krieg
Russland-Präsident Wladimir Putin soll mit der neuen Offensive in der Region Charkiw den Bewohnerinnen und Bewohnern das Leben schwer machen wollen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die russische Armee startete am Freitag eine neue Offensive auf die Region Charkiw.
  • Laut Experten sah Putin eine Gelegenheit in der ausgedünnten Materiallage der Ukraine.
  • Allerdings seien die russischen Truppen zu schwach, um die Stadt Charkiw einzunehmen.
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In der Nacht auf Freitag startete die russische Armee eine massive Bodenoffensive auf die ukrainische Region Charkiw. Die russische Armee rückte an zwei Stellen vor: 35 Kilometer nördlich der Millionenstadt Charkiw und fünf Kilometer nördlich der Kleinstadt Woltschansk. Mittlerweile haben die Russen mehrere ukrainische Dörfer besetzt.

Das russische Verteidigungsministerium in Moskau hat die Offensive bestätigt. Ihre Aussagen stimmen mit den inoffiziellen Angaben der Ukraine überein. Bereits 2022 hatte Russland versucht, Charkiw einzunehmen.

Charkiw
Bereits 2022 hatte Russland versucht, die Millionenstadt Charkiw einzunehmen. (Archivbild)
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Laut Russland-Experte Thomas Jäger wählte Putin genau diesen Zeitpunkt für eine neue Offensive, weil die ukrainischen Streitkräfte sich gerade in einer ausgedünnten Materiallage befinden.
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Ukraine-Krieg-Experte Nico Lange schätzt ein: «Für eine Eroberung Charkiws reichen Putins Kräfte nicht.»

Der Kreml verlor am ersten Tag der neuen Offensive zwischen sieben und zehn gepanzerte Fahrzeuge sowie 50 bis 100 Soldaten. Das zeigen Videoaufnahmen der ukrainischen Armee. Nach russischen Angaben hätten die russischen Soldaten 34 ukrainische Streitkräfte in Gefangenschaft genommen.

Was ist das Ziel des Kremls bei dieser Offensive im Ukraine-Krieg? «Putin will die Grenzregion destabilisieren», sagt Nico Lange gegenüber der «Bild». Er ist der ehemalige Chef des Leitungsstabs im deutschen Verteidigungsministerium. «Putin will bombardieren, Druck machen und die Bewohner vertreiben.»

Ukraine-Krieg: Warum kommt es gerade jetzt zur Invasion?

Mit den neuen Angriffen wolle Putin den Menschen in der Region das Leben schwer machen, eine Fluchtwelle auslösen. Bei der Einnahme der Stadt würde er es bei einer nächsten Grossinvasion einfacher haben. Der Militärexperte hebt jedoch hervor: «Für eine Eroberung Charkiws reichen Putins Kräfte nicht.»

Letzteren Punkt teilt auch Russland-Experte Prof. Thomas Jäger von der Universität Köln: «Ob dies mit den verfügbaren Truppen, die auf etwa 50'000 geschätzt werden, möglich ist, ist fraglich. Das kommt auf die Art und Weise der Gegenwehr an», so Jäger zur «Bild».

Jäger hat noch zwei weitere Theorien: Vielleicht wolle die russische Armee die ukrainischen Streitkräfte zurückzudrängen, um einen Puffer zur russischen Grenze einzurichten. Oder der Druck soll an einer Stelle erhöht werden, um die Ukraine zum Truppenabzug zu zwingen.

Verfolgst du die Geschehnisse im Ukraine-Krieg?

Jäger sieht einen Grund für Putins jetziges Vorgehen in der ausgedünnten Materiallage bei den ukrainischen Streitkräften. «Das öffnete ein Fenster der Gelegenheit», so Jäger.

Der Experte betont: «Sollte Russland die Einnahme gelingen, oder an einer anderen Stelle der Front einen Durchbruch, wäre dies für Russland ein Erfolg.» Einerseits hätte Russland neue eingenommene Territorien im Ukraine-Krieg. Es würde auch verdeutlicht, dass «die ganze Unterstützung aus dem Westen die Ukraine nicht vor der Niederlage bewahren könne».

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